Öko-Test ist 40 geworden. Doch ist das kein Grund mehr, zu feiern und sich feiern zu lassen.
Einleitung
„Was sich durch die gesamte Geschichte von Öko-Test zieht, ist, dass wir immer ganz vorn mit dabei waren. Mit vielen unserer Tests haben wir sogar die Gesetzgebung beeinflusst“, sagt Dr. Jürgen Steinert, der Leiter des Testressorts und stellvertretender Chefredakteur. Er denke dabei zum Beispiel an Pestizidfunde in Babycremes, an Mineralöl, Bisphenol A, Acrylamid und Fettschadstoffe in Lebensmitteln oder Anilin in Kinderspielzeug. Oder daran, dass Öko-Test 1997 als erste Institution überhaupt genmanipuliertes Soja in Lebensmitteln nach – konkret in Nuss-Nougat-Cremes – nachgewiesen hat. Damals mussten die Lebensmittel nicht gekennzeichnet werden – inzwischen gilt längst eine Kennzeichnungspflicht gentechnisch veränderter Lebensmittel, die letztlich zur Folge hatte, dass sich diese Produkte auf dem europäischen Markt nie durchgesetzt haben“, so Steinert.
In das Lob stimmen unter anderem Professor Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes, Dr. Kiran Virmani, Geschäftsführerin der Deutsche Gesellschaft für Ernährung und Dr. Chris Methmann, Geschäftsführer von Foodwatch Deutschland, ein. Selbst die Konkurrenz ist zumindest halb voll des Lobes. „Wenn eine Organisation auf Dauer bestehen und fortschrittlich bleiben will, gibt es nichts Schlimmeres, als keine Wettbewerber zu haben; das gilt auch für die Stiftung Warentest. Der Fokus von Öko-Test auf Schadstoffe und ökologische Aspekte hat das Bewusstsein für diese Themen nicht nur in der Öffentlichkeit geschärft. Dabei kommt die Performance der untersuchten Produkte zwar manchmal etwas zu kurz – aber dafür gibt es ja uns. Als Mitstreiter im Verbraucherschutz schätzen wir Ihre Arbeit, gratulieren zum Jubiläum und freuen uns auf einen weiterhin konstruktiven Wettbewerb zum Wohle der Verbraucher:innen“, sagt Julia Bönisch, Vorständin der Stiftung Warentest.
Auch Professor Andreas Hensel, der Präsident Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) lässt in sein Lob leise Kritik einfließen. Er schreibt: „Das Bundesinstitut für Risikobewertung weiß es sehr zu schätzen, dass es ein wichtiger Ansprechpartner für Öko-Test ist. Auch deshalb gratulieren wir gern zum 40-jährigen Jubiläum und wünschen weiter gutes Gedeihen. Und wenn wir einen Wunsch frei haben: Bitte, liebe Öko-Tester, verliert nicht aus dem Blick, dass nicht jede Gefahr auch ein Risiko ist – die Dosis macht das Gift!“
Professor Dr. Mojib Latif, Klimaforscher, Seniorprofessor am Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Präsident der Akademie der Wissenschaften in Hamburg stellt fest: „Ich gratuliere Öko-Test ganz herzlich zu seinem 40-jährigen Bestehen. Wer sich so lange auf dem Markt behauptet, dem vertrauen die Menschen – und das zu Recht.
Unsere Einschätzung
Unsere Einschätzung: Von wegen zu Recht vertrauen. Nicht nur ob der vielen Fehler, wegen denen pünktlich zum Jubiläum zum ersten Mal ein Heft (3/2025) vom Markt genommen werden musste. Sondern auch wegen des Umgangs damit. So wird die digitale Ausgabe des Heftes im Öko-Test Shop in korrigierter Version angeboten. Die Druckausgabe war dort einige Tage nicht erhältlich. Doch inzwischen wird sie ohne Korrektur und ohne jeden Hinweis auf die Fehler im Test Karottensaft wieder verkauft, obwohl Öko-Test sich verpflichtet hatte, das zu unterlassen. Für uns ist das schlicht Betrug, denn es gibt finanziell Geschädigte. Das sind die Käufer des Heftes, denen wissentlich falsche und damit wertlose Testergebnisse angedreht werden. Und es gibt Öko-Test, das an den Verkäufen verdient. So verhält sich der Verlag im Übrigen nicht zum ersten Mal. Mehr dazu lesen Sie hier: Fehler.
Auch in der Jubiläumsausgabe haben wir wieder Fehler gefunden. Zum Beispiel in der Kostprobe vegane Fruchtgummis. Mehr dazu im Reiter Fruchtgummis. Nicht nur wegen der Fehler sind Zweifel angebracht, ob man Öko-Test noch vertrauen kann. Tests werden in der Regel von zwei Mitarbeitern verfasst. Test (vermutlich das Erstellen der Testtabelle): Timm Kautz, Text: Marieke Mariani heißt es im Test Hochbeeterde. Doch entweder weiß die rechte Hand nicht, was die Linke tut, denn im Text ist ständig (13 mal) von Blumenerde die Rede. Zum Beispiel im „So haben wir getestet“, wo es heißt: „Für unseren Test haben wir 13 torffreie Blumenerden aus Gartencentern und Baumärkten geschleppt oder im Internet bestellt.“ Oder die Autorin kennt die Unterschiede nicht. Wenn sie Ahnung von der Materie hätte, über die sie schreibt, müsste sie wissen, dass Hochbeeterde keine Blumenerde ist. Sie ist nährstoffreicher und lockerer, damit die Wurzeln der Pflanzen atmen können und Wasser abfließen kann. Sie ist für Gemüsepflanzen konzipiert, Blumenerde für schwachzehrende Blumen und Kräuter. Bleibt die Frage, warum die Fehler niemanden bei der Endkontrolle aufgefallen sind?
Völlig unsinnig ist der Test Titandioxid in Lipgloss. Denn etliche Produkte enthalten synthetische Polymere, Paraffin, BHT oder Propylparaben. Das sind Stoffe, die Öko-test regelmäßig kritisiert. Das alleinige Augenmerk auf Titandioxid erweckt bei den Leserinnen den Eindruck, dass zum Beispiel der Catrice Max It Up Lip Booster Extreme, 040 Glow On Me von Cosnova (Testergebnis Titandioxid sehr gut) unproblematisch sei. Doch in einem umfassenden Test hätte er nicht das Gesamturteil „sehr gut“ bekommen.
Wenig vertrauenswürdig sind auch weitere Praktiken, die wir immer wieder kritisiert haben, zum Beispiel willkürliche Testprogramme, Fake-Tests oder indiskutable Bewertungen, auf die auch Professor Hensel vom BfR anspielt.
Fazit: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Leider gilt das inzwischen nicht nur für die Firmen und Produkte, die Öko-Test kontrolliert, sondern auch für das Blatt selbst.
vegane Fruchtgummis
Die Kostprobe vegane Fruchtgummis enthält mehrere Probleme. Generell wird nicht gesagt, mit welcher Prozentzahl die Bewertung „neutral“ in die Berechnung des Gesamteindrucks einfließt. Aus der Legende könnte man schließen, dass es 50% sind. Damit kommt man aber nur bei den Bona Vita Saure Bänder und den Hitschies Saure Drachenzungen auf den von Öko-Test angegebenen Gesamteindruck. Bei allen anderen Gummis, bei denen mindestens ein Parameter „neutral“ ist, ergeben sich Abweichungen. Am größten sind sie bei der Weltpartner Saure Schlangen-Bande mit 58% statt der angegebenen 53%. Auf diesen Wert kommt man erst, wenn man für die Bewertung des sauren und des süßen Geschmacks jeweils 42% annimmt.
Ein ganz anderes Problem ergibt sich bei den Trolli Sour Bizzl Mix (Gesamteindruck positiv (52%). Er setzt sich zusammen aus Bewertung des sauren Geschmacks positiv (70%), der Bewertung des süßen Geschmacks positiv (67%) und der Bewertung des Mundgefühls und der Farbe jeweils negativ (60%). Mit diesen Zahlen kommt man aber nicht auf „positiv (52%)“. Vermutlich sind in die Rechnung die positiven Bewertungen für das Mundgefühl und die Farbe eingeflossen sind (jeweils um die 25 Prozent), die es auch gegeben haben muss.
Mit dieser Intransparenz und den fehlenden Prozentzahlen der „neutralen“ Bewertungen verstößt Öko-Test gegen die „Regeln der guten fachlichen Praxis des Testens“, zu deren Einhaltung man sich verpflichtet hat. In denen heißt es nämlich: „Die Testkriterien, die Testmethoden, das Testverfahren und das Testurteil müssen transparent und für unbeteiligte Dritte nachvollziehbar sein.“ Doch die Bewertung des Gesamteindrucks ist für viele Produkte schlicht nicht nachvollziehbar.