Am 27. Februar ist die März-Ausgabe von Öko-Test erschienen. Schon am 28. durfte sie wegen Fehlern im Test Karottensaft nicht mehr verkauft werden. Und das ist nicht das einzige Problem in dem Heft.
Einleitung
Am 28. Februar hatten wir um 11 Uhr 52 festgestellt, dass es die am Vortag erschienene März-Ausgabe des Magazins im Öko-Test Shop nicht mehr zu kaufen gab. Um 12 Uhr 06 wussten wir, dass es Probleme mit dem Test Karottensaft gibt. Denn alle anderen Tests konnte man einzeln kaufen. Nur beim Test Karottensaft kam die Fehlermeldung: „Ups, da hat etwas nicht funktioniert“. Um 12 Uhr 18 haben wir Öko-Test angeschrieben: „Hallo, das Heft 3/2025 ist nicht mehr im Shop erhältlich, weder Print noch Digital. Offensichtlich gibt es ein großes Problem mit dem Test Karottensaft, der ebenfalls nicht mehr zu kaufen ist. Er enthält keine Fehler, die ich hätte durch Plausibilitätsprüfung entdecken können. Wo ist das Problem? Für eine zeitnahe Antwort wäre ich dankbar.“
Zum zweiten großen Problem in diesem Heft gibt es eine lange Vorgeschichte. Immer wieder haben wir die Bewertung von Mineralölbestandteilen kritisiert. Ein Produkt, das mehr als vier Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) davon enthält, wird um vier Noten abgewertet. Ganz gleich, ob es sich um Kurkuma handelt, von dem Erwachsene nicht mehr als drei Gramm am Tag essen sollen, weil ansonsten laut Weltgesundheitsorganisation WHO Übelkeit, Blähungen, Durchfall und Sodbrennen drohen. Oder um Muttermilchersatz, von dem Säuglinge bis zu 120 Gramm am Tag trinken. Das führt zu der absurden Situation, dass sie mit einem „sehr guten“ Produkt bis zu zehnmal mehr Mineralölbestandteile aufnehmen als Erwachsene mit einem „mangelhaften“ Kurkuma.
Nachdem Öko-Test diese Kritik lange an sich abprallen ließ, heißt es im Test schwarze Pfefferkörner plötzlich: „Da Verbraucherinnen und Verbraucher nur vergleichsweise wenig Pfeffer essen, ist jedoch nicht zu erwarten, dass größere Mengen MOSH im Körper verbleiben. Deshalb bewerten wir die Funde weniger streng als in anderen Lebensmitteln, von denen größere Mengen verzehrt werden.“ Konkret werden Produkte mit mehr als vier mg/kg nicht um vier, sondern nur noch um zweiten Noten abgewertet. Sie können also „befriedigend“ sein und nicht bestenfalls „mangelhaft“.
Unsere Einschätzung
Unsere Einschätzung: Als wir Öko-Test angemailt haben, wussten wir selbstverständlich, was bei den Karottensäften im Argen lag. Denn im Text heißt es: „Wegen `erhöhter´ Nitratgehalte kritisieren wir den Babylove 100 % Bio Saft Karotte und den Beauty Baby Bio Saft Karotte: Beide schöpfen den in der EU geltenden Höchstgehalt für Beikost zu mehr als der Hälfte aus.“ An anderer Stelle schreibt Öko-Test: „Zudem wären die Noten dieser Säfte (für Erwachsene) sehr viel schlechter ausgefallen, hätten wir sie nach den strengen Grenzwerten für Babys und Kleinkinder beurteilt: In diesem Fall hätten wir sechs Säfte wegen `erhöhter´ Nitratgehalte bemängelt.“
Doch genau das hatte man offenbar gemacht und auch die Säfte für Erwachsene nach den Nitrat-Grenzwerten für Babysäfte bewertet (Bild oben). Inzwischen hat Öko-Test online eine korrigierte Version des Tests veröffentlicht (Bild unten). Die drei ursprünglich „befriedigenden“ Säfte sind jetzt „sehr gut“. Der „mangelhafte“ Lausitzer Karottensaft aus Direktsaft verbessert sich auf „befriedigend“. Und auch der wäre „sehr gut“, wenn Öko-Test nicht Getränkekartons (Tetra-Packs) Glasflaschen vorziehen würde. Denn die werden unter Weitere Mängel um vier Noten abgewertet, sofern es keine Mehrweg-Flaschen sind. Einweg-Tetra-Packs dagegen akzeptiert Öko-Test, obwohl die viel schwieriger zu recyclen sind als Glas. Tatsächlich werden nur etwa 30 Prozent wiederverwertet, so die Deutsche Umwelthilfe, während die Recyclingquote von Verpackungen aus Glas im Jahr 2022 84,6 Prozent erreichte.
Nicht zuletzt teilte uns die Firma Beutelsbacher mit, dass Öko-Test es nicht einmal geschafft hat, den Preis von 1,49 Euro für die 0,2 Liter Flasche auf 0,5 Liter hochzurechnen. Korrekt wären 3,73 Euro gewesen und nicht 4,68 Euro wie Öko-Test schreibt. Auch sden Preis hat man inzwischen korrigiert. Schief gelaufen ist zudem, dass andersals üblich konventionelle und Bio-Produkte nicht in getrennten Tabellen aufgeführt werden. Das erschwert die Entscheidungsfindung der Verbraucher.
Im Übrigen hatten wir die Mail mit der Falschinformation, dass wir keinen Fehler gefunden haben, nur geschrieben, um zu sehen, ob Öko-Test uns Informationen gibt. Eine Antwort haben wir wie üblich nicht bekommen. Wir hatten aber auch keine erwartet.
Die neue Bewertung der Mineralölbestandteile macht alles noch schlimmer. Denn danach nimmt ein Säugling mit einer „guten“ Anfangsmilch bis zu 400 mal mehr Mineralölbestandteile am Tag auf als ein Erwachsener mit einem „guten“ Pfeffer (die Portionsgröße 0,3 Gramm ist die Menge in den kleinen Tütchen im Restaurant). Würde man Beikostöl, Protein-Riegel, Berliner und Anfangsmilch genauso streng bewerten wie Pfeffer, wären „gute“ und selbst „sehr gute“ mit „Spuren“ von Mineralölbestandteilen „mangelhaft“. Gerade weil man offenbar kapiert hat, dass man solche Schadstoffe in Abhängigkeit von der Portionsgröße bzw. der Verzehrsmenge bewerten muss, hätte schon ein Blick auf die anderen Test im Heft genügt, um den Unsinn der Bewertung des Pfeffers zu erkennen: Mit einem „guten“ Beikostöl nimmt ein Baby bis zu 8,33 mal mehr Mineralölbestandteile auf als ein Erwachsener mit einem „guten“ Pfeffer. In Berlinern hält Öko-Test sie offenbar für 250 mal weniger bedenklich als in dem Gewürz.
Der Bundesgerichtshof (BGH) fordert, dass Bewertungen zumindest diskutabel sein müssen. Es könnte gut sein, dass ein Gericht die Bewertung des Pfeffers als nicht mehr diskutabel ansieht. Denn die logische Konsequenz aus den anderen Test im Heft ist: Das Testergebnis Inhaltsstoffe für alle vier betroffenen Produkte von Dennree, Aldi Süd, Lebensbaum und Rewe ist nicht „gut“ oder „befriedigend“, sondern „sehr gut“.
Fazit: Wenn wir nicht müssten, würden wir nicht jeden Monat Geld für den Kauf von Öko-Test aus dem Fenster schmeißen.