Den Labeln der Deutschen Gesellschaft für Qualitätsanalysen liegen angeblich aufwändige Prüfverfahren zugrunde. Trotzdem kann man sie kostenlos bekommen. Das hat uns stutzig gemacht.
Einleitung
„Warum unser Gütesiegel“, fragt die Deutsche Gesellschaft für Qualitätsanalysen (DGQA). Die Antwort: Wir sind „eine unabhängige Gesellschaft, die Verbrauchern und auch Unternehmen durch die Vergabe von aussagekräftigen Gütesiegeln eine sichere Orientierung im Geschäftsverkehr ermöglicht. Sich allein auf persönliche Empfehlungen zu verlassen, reicht in der Regel heute im Geschäftsleben nicht aus. Genau hier bieten Gütesiegel eine Möglichkeit, sich positiv von Marktbegleitern abzusetzen. Neue Kunden gewinnen und Bestandskunden in ihrer Entscheidung bestätigen, beides wird durch ein Gütesiegel möglich. Im Gegensatz zu bloßen Kundenbewertungen, die in der heutigen Zeit oft vom Anbieter selbst stammen, bieten Gütesiegel auf Basis der fundierten Einschätzung von externen Fachleuten tatsächlich eine Möglichkeit, das eigene Können glaubwürdig darzustellen.“
Die DGQA vergibt eine Vielzahl von Siegeln an Rechtsanwälte, Steuerberater und andere. Zum Beispiel „Top Kanzlei für Arbeitsrecht“ oder „Top-Steuerberater-Kanzlei und in Zusammenarbeit mit der ziemlich unbekannten Umweltgruppe Robin Gut des Fernsehmoderators Dieter Könnes das Label „Top Nachhaltiges Unternehmen“ in den Stufen Platin, Gold, Silber und zertifiziert.
Unsere Einschätzung
Unsere Einschätzung: Das hört sich nach Hand und Fuß an, was die DGQA darüber schreibt, wie zum Beispiel das Siegel für Rechtsanwaltskanzleien verliehen wird. „Im Rahmen eines mehrstufigen Prüfungsverfahrens wird jede Kanzlei nach entsprechenden fundierten Kriterien umfassend analysiert und anschließend bewertet. Es werden damit nachvollziehbare und überprüfbare Qualitätsstandards gesetzt. Ob eine Rechtsanwaltskanzlei besonders empfehlenswert ist und damit ein Gütesiegel verdient, steht und fällt letztlich mit der Expertise ihrer Berufsträger sowie der Kompetenz ihres Teams. Die DGQA-Deutsche Gesellschaft für Qualitätsanalysen mbH analysiert daher zunächst eingehend die Mitarbeiterstruktur der Kanzlei, deren Qualifikationen sowie eventuell vorhandenes Spezialwissen, wie z.B. Fachanwaltschaften. Darüber hinaus fließen Promotionen, Publikationen und weitere Herausstellungsmerkmale mit in die Bewertung ein. Nicht minder wichtig: Wer hält sein Wissen durch den Besuch von Fortbildungen auf dem aktuellen Stand? Und wer sorgt dafür, dass auch sein Team durch regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen immer am Puls der Zeit bleibt? Unsere Prüfer lassen hier keinen Stein auf dem anderen. Weiter prüft die DGQA die Organisation und den Service der Kanzlei. Gibt es bereits Zertifizierungen oder Auszeichnungen? Dies sind nur einige Aspekte, die unsere Prüfer interessieren. Für Mandanten nicht minder wichtig ist das angebotene Leistungsspektrum einer Kanzlei, wobei Spezialisierungen für Mandanten einen wichtigen Indikator für die zu erwartende Expertise der Berufsträger bilden. Die Prüfung der DGQA beginnt in einem ersten Schritt mit der Auswertung von Angaben der jeweiligen Kanzlei. Im nächsten Schritt werten unsere Prüfer Unterlagen und Dokumente aus, die die Kanzleien im Zusammenhang mit ihren Angaben vorgelegt haben. Dabei nehmen unsere Prüfer Dokumente wie Fachanwaltsbescheinigungen, Fortbildungsnachweise etc. genau unter die Lupe und führen eigenständig Recherchen zu jeder einzelnen Kanzlei durch. Wie ist die öffentliche Meinung von dieser Kanzlei? Finden sich positive oder negative Online-Einträge? Gibt es eine Internetpräsenz? Wie ist diese gestaltet? Die Gesamtprüfung ist sieben Abschnitte unterteilt. Der erste Abschnitt betrifft das Kanzlei und die Organisation. Die prozentuale Gewichtung beträgt 30 % vom Gesamtergebnis. Der zweite Bereich umfasst Fakten rund um das Team, wie z.B. Ausbildung und Fortbildung. Dieser Bereich trägt zu 30 % zum Gesamtergebnis bei. Im dritten Abschnitt beurteilen die Prüfer die angebotenen Tätigkeitsbereiche mit einer prozentualen Gewichtung von 20 %. Der vierte Abschnitt behandelt den Bereich Service, welcher ebenfalls mit 20% in das Ergebnis einfließt. Jeder Abschnitt wird jeweils mit 100 Punkten belegt. Kanzleien, die mindestens 70 % der Punkte erreichen, bekommen durch die DGQA-Deutsche Gesellschaft für Qualitätsanalysen mbH das Gütesiegel `Top Kanzlei´ in Gold verliehen. In die Bewertung fließt ein: Fakten zur Kanzlei (30%), Mitarbeiter, d.h. insbesondere deren Qualifikationen (30%), Tätigkeitsgebiete (20%), Service (20%)“.
So weit, so gut. Allerdings erfährt man nicht, wie viele Punkte eine Kanzlei tatsächlich erhalten, sondern nur, dass sie „bestanden“ hat. Das steht im Widerspruch zur Aussage: „Unsere Verfahren sind sowohl für das zu zertifizierende Wirtschaftsunternehmen als auch für Verbraucher komplett transparent. Dies verleiht unserem Gütesiegel die notwendige Sicherheit und das Vertrauen, um höchsten Qualitätsansprüchen gerecht zu werden. Alle zertifizierten Unternehmen werden mit den jeweiligen Prüfungsergebnissen auf unserer Seite veröffentlicht.“
Viel mehr irritiert hat uns aber der Preis für das Siegel: Es kostet nichts, zumindest in der „Basis“-Version. Doch auch die Preise für „Plus“- und die „Pro“-Version mit 199,00 bzw. 495,00 Euro pro Jahr sind überschaubar. Zudem reduzieren sich die Kosten um 50 Prozent, wenn eine Kanzlei Siegel für mehrere der 24 Rechtsgebiete von Agrar- bis Verwaltungsrecht haben will. Für derart kleines Geld ist unserer Meinung nach eine gründliche Prüfung nicht machbar. Daher haben wir uns gefragt, was das eigentliche Geschäftsmodell der DGQA sein könnte.
Fündig geworden sind wir beim Anklicken des Buttons „Marketingkonzepte“ auf der Internetseite der Gesellschaft. Dort wird Siegel-Kunden eine „Marketingbegleitung“ angeboten und die Erfolgsgeschichte der Rechtsanwältin Nicole Mutschke vorgestellt. Über sie heißt es: „Vermutlich ist Ihnen Frau Mutschke auch schon aus der Presse bekannt, jedenfalls wird sie von der BILD-Zeitung regelmäßig als Deutschlands bekannteste Anwältin bezeichnet. Sie ist bei diversen TV Sendern wie RTL, WDR, ZDF, und Formaten wie stern TV gefragte Ansprechpartnerin. Aber auch mit Printmedien wie dem Spiegel, der BILD-Zeitung und der Funke-Mediengruppe arbeitet sie regelmäßig zusammen. Dank unserer Unterstützung ist die Kanzlei Mutschke auch in den Sozialen Medien sehr aktiv und informiert auf ihren Social Media Kanälen ihre insgesamt über 250.000 Follower immer wieder über verschiedene rechtliche Themen. Allein auf TikTok wurden die Videos von Frau Rechtsanwältin Nicole Mutschke in den ersten beiden Monaten des Jahres 2022 über 3 Mio. mal angeschaut. Aktuell produzieren wir für die Kanzlei Mutschke zudem Erklärvideos für RTL+.
Kooperationen mit Frau Rechtsanwältin Mutschke für Ihre Projekte können selbstverständlich über uns angefragt werden. Darüber hinaus besteht über unsere eigenständige Influencer-Management-Abteilung `pepperVista´ eine direkte Kontaktmöglichkeit zu Content Creatoren und Influencern.“
Das heißt: Über das (kostenlose) Siegel kommt man in Kontakt mit Rechtsanwälten, Steuerberatern, Finanzdienstleistern, Immobilienmaklern, Malern und Kosmetikinstituten (für alle diese Berufe verleiht die DGQA Label), das Geld wird mit anderen Dienstleistungen verdient. Nicole Mutschke hat allerdings auf anderem Weg Kontakt zur DGQA gefunden. Sie ist vermutlich die Frau, die Schwägerin oder die Schwester von Frank Mutschke, dem Geschäftsführer der DGQA.
Fazit: Bei der DGQA ist zwar viel von Verbrauchern die Rede, denen man Orientierung geben will. Doch tatsächlich geht es um Marketing für Unternehmen.