Die deutsche Bauwirtschaft schwächelt. Daher werben die Hersteller von Fertig- und Massivhäusern mit einer Vielzahl von Labeln. Dabei müssten sie wissen, dass fast alle unseriös sind.
Einleitung
Dem Statistischen Bundesamt zufolge ging 2023 der Neubau von Wohngebäuden in konventioneller Bauweise gegenüber dem Vorjahr um 7,5 Prozent auf 76.900 zurück. In Fertigbauweise wurden rund 19.900 errichtet – 2,5 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Auch der Wohnungsbau ist 2023 trotz des hohen Bedarfs vor allem in Ballungsräumen nicht in Schwung gekommen. 294.400 Wohnungen wurden im vergangenen Jahr fertiggestellt. Das waren 0,3 Prozent weniger als 2022. Das Ziel der Bundesregierung von jährlich 400.000 neuen Wohnungen wurde damit wie in den Vorjahren deutlich verfehlt.
Angesichts der trüben Lage und Aussichten wirbt fast jeder Hersteller mit einem oder oft sogar mehreren Labeln. Mit über 50 haben wir die meisten bei Bien-Zenker gefunden. Die im hessischen Schlüchtern ansässige Firma ist einer der größten Fertighaus-Hersteller. Sie wirbt unter anderem mit dem Label Bestes Preis-Leistungs-Verhältnis des SZ Instituts, gehört laut FAZ-Institut zu Deutschlands Kundenchampions und ist Focus Money zufolge Fairster Fertighausanbieter. Doch all die schon verliehenen Auszeichnungen reichen der Firma offenbar nicht, denn im Dezember 2023 gab sie bekannt, dass sie für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis nominiert wurde.
Auch die Firma Sonnleitner hat eine Menge Auszeichnungen bekommen, unter anderem den Hausbau Design Award, den Deutschen Traumhauspreis und stellt lauf Focus Money/Deutschland Test Deutschlands beste Holzhäuser her.
Schwörer Haus wirbt ebenfalls mit einer Auszeichnung von Focus Money/Deutschland Test (Fairster Fertighausanbieter), gehört zum Club der Besten der Zeitung Welt und ist der Zeitschrift Capital zufolge Top-Hersteller Fertighaus.
Unsere Einschätzung
Unsere Einschätzung beginnt mit unserem Fazit, das wir in der Regel erst am Ende eines Berichts ziehen. Es lautet:
Fazit: Wir sehen keinen Grund, warum man einem der Label vertrauen sollten, über die wir berichten. Sie sind für die richtige Kaufentscheidung bedeutungslos. Besser zieht man Fachleute wie Architekten zu Rate.
Marktführer im Label-Geschäft sind Focus Money/Deutschland Test. Wir haben 17 verschiedene von ihnen gefunden und sind fast sicher, dass es noch weitere gibt. Stellvertretend für die Machart dieser unseriösen Machwerke haben wir uns das Label Preissieger (oben links) angesehen, mit dem unter anderem der Hersteller Heinz von Heiden wirbt. In dem Label heißt es: „Anbieterreputation Preis-Leistungs-Verhältnis“. Es wurden also nicht die Preise und Leistungen der Unternehmen erhoben und verglichen, sondern lediglich die „Daten eines Social Listenings“ analysiert. Daraus wurde ein Punktwert errechnet, „branchenspezifisch auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten“. Damit man möglichst viele Label generieren konnte, wurde das branchenbeste Unternehmen auf 100 Punkte hochgesetzt, auch wenn es tatsächlich beispielsweise nur 50 Punkte hatte. Entsprechend wurden dann auch die tatsächlichen Punktezahlen aller anderen Unternehmen verdoppelt, zum Beispiel 40 auf 80. Zum Schluss wurde jedes Unternehmen ausgezeichnet und konnte ein Label erwerben, das durch diesen Trick auf mindestens 70 Punkte kam.
Testwatch hat wiederholt die unseriösen Rankings von Focus Money/Deutschland Test kritisiert. Zum Beispiel den Test Goldhändler. Den Test hat das Deutsche Finanz-Service Institut (DFSI) Ende November 2017 im Auftrag von Focus Money durchgeführt. Wobei man eigentlich nicht von einem Test sprechen kann, denn Grundlage war ein von den Händlern selbst ausgefüllter achtseitiger Fragebogen. Die Antworten verifizierte das DFSI lediglich „stichprobenartig“. Der Test ist in 18 Kategorien unterteilt. Das ist lukrativ, denn in jeder Kategorie werden Testsieger gekürt, an die Label verkauft werden können. In der Rubrik "Beste Lagerung unter den Goldhändlern mit Maklervertrieb" finden sich drei Firmen. Zwei bekamen ein „sehr gut“, eine war „gut“. Je fünfmal „sehr gut“ und „gut“ gab es in der Rubrik „Bester Goldankäufer unter den Online-Goldhändlern“. Nur ein Händler, die S&R Edelmetalle GmbH, musste sich mit einem „befriedigend“ zufriedengeben. Doch keine Sorge, auch für diese Firma fielen Testsiege ab. Zum Beispiel im Bereich „Bester Goldbarrenhändler unter den Filialgroßhändlern“ oder „Bester Goldmünzenhändler unter den Online-Goldhändlern“. Insgesamt hat Focus Money in diesem „Test“ als schlechteste Bewertung neunmal ein „befriedigend“ vergeben, aber 139 mal „sehr gut“ oder „gut“. Macht 139 mögliche Label.
Viele Label beruhen auf Kundenbefragungen. Zum Beispiel das Label Preis-Champions in der Kundenbegeisterung der Zeitung Welt. Bewertet wurde „die Preisbegeisterung einer Marke/eines Unternehmens anhand des `Price Structuring Scores´ (PSS).“ Dazu wurden über 900.000 Menschen Online gebeten: „Bitte geben Sie an, welche Unternehmen/Marken Sie persönlich über die Gestaltung ihrer Preise begeistern!“ Die Antwortmöglichkeiten waren: „Ja, bei dieser Marke/diesem Unternehmen bin ich von der Gestaltung der Preise begeistert!. Nein, bei dieser Marke/diesem Unternehmen bin ich von der Gestaltung der Preise nicht begeistert! Ich kann die Gestaltung der Preise hier nicht beurteilen bzw. kenne die Marke/das Unternehmen nicht.“ Der Agentur Service Value zufolge, die die Befragung durchgeführt hat, gingen in das Ranking „sowohl die Urteile aktueller als auch ehemaliger Kunden (letzter Kontakt maximal 36 Monate zurückliegend) ein.“ Andererseits heißt es: Jeder Befragte hielt „eine für ihn überschaubare Auswahl von Unternehmen/Marken zur Bewertung.“ Wir können nicht erkennen, dass und wie geprüft wurde, ob es sich wirklich um Kunden der Unternehmen handelte. Zudem ist auch hier das Ziel, möglichst viele Labelkunden zu generieren. Denn „die besten 300 Unternehmen/Marken aller untersuchten Anbieter (branchenübergreifend) werden auf einem Gold-Rang platziert. Die Plätze 301 bis 600 befinden sich im Silber-Rang, die Plätze 601 bis 900 im Bronze-Rang.“ Ganz gleich, wie groß die Begeisterung tatsächlich ist. Für die Fertighausanbieter hält sie sich in Grenzen und liegt insgesamt bei gerade einmal 43 Prozent. Auch Branchensieger Hanse Haus kommt auf nicht mehr als 56,6 Prozent. Mehr zu dem Label lesen Sie hier: Ranking Preis-Champions
(Kunden)umfragen oder Daten von Social Listenings liegen auch den Labeln Deutscher Kunden-Award der Deutschen Gesellschaft für Verbraucherstudien (DtGV), Deutscher Traumhauspreis, Deutschland Favorit und Bestes Preis-Leistungs-Verhältnis des SZ Instituts, Deutschlands beliebteste Anbieter des Deutschen Instituts für Servicequalität (DISQ), Deutschlands begehrteste Fertig- und Massivhausanbieter des FAZ-Instituts sowie dem Hausbau Design Award zugrunde. Wir halten sie allesamt für wenig seriös. Zum Beispiel, weil nicht verifiziert wurde, ob nur Kunden abgestimmt haben oder weil es viel zu wenige waren. So entscheiden ein "Expertenrat" und die Online-Leser der Süddeutschen Zeitung, wer Deutschland Favorit ist. Von den rund 200.000 haben allerdings gerade einmal 4.622 abgestimmt. Auf dieser mageren Grundlage zu behaupten, es seien Deutschlands Favoriten ausgezeichnet worden, ist schlicht eine Irreführung der Verbraucherinnen und Verbraucher. Doch selbst wenn man diese fragwürdige Vorgehensweise akzeptieren würde, bleiben Fragen. So wurde ein Mähroboter Landroid von Worx ausgezeichnet. Den gibt es aber gar nicht. Was es gibt, sind sechs unterschiedliche Versionen mit unterschiedlichen Leistungsmerkmalen und Funktionen. Zum Beispiel der Landroid S 300 mit einem Frontrad, ohne Bluetooth und ohne die Funktion "Mähen bis zur Kante", während der Landroid L 1000 über diese beiden Funktionen verfügt und zwei Fronträder hat. Welche Version ausgezeichnet wurde, ist unklar. Mehr dazu erfahren Sie hier: Deutschland Favorit
Das Ranking Bestes Preis-Leistung-Verhältnis des SZ-Instituts ist ausgemachter Blödsinn. Denn die Bewertungen sind das Ergebnis einer Online-Umfrage, also lediglich Meinungsäußerungen. Und es liegt in deren Wesen, dass sie falsch sein können. Für eine seriöse Bewertung müsste man über einen längeren Zeitraum Preise und Leistungen erheben, vergleichen und bewerten. Dass von seriös keine Rede sein kann, bestätigt sich, wenn man das Ranking der Süddeutschen mit den Ergebnissen seriöser Tests vergleicht. So hat die Stiftung Warentest im Mai 2024 Bausparkassen getestet. Die Leistungen der Badenia (Sieger des SZ Instituts) konnten sie nicht überzeugen. Im Modellfall Bau oder Kauf in sechs Jahren landet die Badenia auf Platz zehn, im Modellfall Bau oder Kauf in zehn Jahren auf Platz neun, im Modellfall Modernisierung in vier Jahren auf Platz sechs. In den Modellfällen Bau oder Kauf in acht bzw. zwölf Jahren gehört sie nicht einmal zu den besten zehn. Nur im Modellfall Modernisierung in sechs Jahren kommt sie auf einen guten dritten Rang. Mehr dazu lesen Sie hier: Preis-Leistungs-Sieger
Bei etlichen Labeln wird, wenn man nach den Vergabebedingungen sucht, sofort klar: Seriös geht anders. Bei anderen liegt der Verdacht nahe. So schreibt Dan-Wood House zu seiner Auszeichnung mit Best of 2021 Family House: „Lieblingshaus. Ein individueller Hausentwurf von uns hat es in die `Best of 2021´ des Family Home Verlages geschafft! Die schlichte Eleganz des Entwurfs, zwei Zwerchgiebel und das helles Ambiente mit schöner Galerie scheinen offenbar nicht nur den Bauherren zu gefallen, sondern auch der Redaktion.“ Nicht viel mehr erfährt man zum Haus des Jahres. Auf der Seite hurra-wir-bauen.de, die für die Vergabe verantwortlich ist, heißt es: „Wer hat das schönste Haus im ganzen Land? Sie, liebe Leser, entscheiden: Welches dieser 60 Häuser ist Ihr Lieblingshaus? Eine unabhängige Jury kürt darüber hinaus die Sieger der sechs Einzelkategorien.“ Albert Haus wirbt unter anderem mit dem Label Meisterhaft Deutsche Bauwirtschaft *****. Zur Vergabe schreibt meisterhaftbauen.de: „Dieses Zeichen schafft Vertrauen: Kompetenz und Sicherheit bei jedem Arbeitsschritt. Worauf Sie sich verlassen können – denn das Zeichen wird einzig an Fachbetriebe vergeben, die für höchste Kompetenz und termingerechte saubere Ausführung stehen. Die Auszeichnung mit 5 Sterne (gemeint ist wohl 5 Sternen) heißt höchstes Qualitätsangebot, das durch offizielle Prüfungsinstitutionen gewährleistet wird. Hart für die Betriebe, bestens für Sie.“ Zu Best of Houzz haben wir auf houzz.de lediglich gefunden: „Die jährlich vergebenen Best of Houzz-Awards prämieren landes- und weltweit die am besten bewerteten Fachleute und die beliebtesten Designs auf Houzz nach Kategorie und Region.“ Der Seite bauherren-portal.com kann man glauben oder es lassen, dass beim Siegel Geprüfte Bauherren Zufriedenheit alles mit rechten Dingen zugeht, wenn sie schreibt: „Hier werden ausschließlich geprüfte, überdurchschittlich-gute Bauunternehmen aufgenommen. Für uns gilt eine Bauherrenzufriedenheit ab 80% als überdurchschnittlich. Deshalb ist dieser Grenzwert Bedingung für die Aufnahme in dieses Bauherren-Portal.“ Das gleiche gilt für den Plus X Award. Ihn vergibt „eine Fachjury, bestehend aus verschiedenen Vertretern der unterschiedlichen Branchen“ in den Kategorien Innovation, Design, High Quality, Bedienkomfort, Funktionalität, Ergonomie und Ökologie. Nachvollziehbare Kriterien für die Vergabe haben wir nicht gefunden.
Für viele Auszeichnungen muss man sich bewerben. Zum Beispiel für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis, für Deutschland Favorit, den Traumhauspreis, den German Brand Award und Golden Cube. Das tun längst nicht alle in Frage kommenden Anbieter, zum Beispiel weil ihnen die Teilnahmegebühr zu hoch ist oder das Bewerbungsverfahren zu aufwändig. Daher kann es sein und ist unserer Meinung nach auch wahrscheinlich, dass es bessere als die jeweils ausgezeichneten Häuser gibt.
Kurioses am Rande: Im Netz findet man auch noch Label zu einem Test des DISQ aus dem Jahre 2017, die von den Hersteller aber nicht mehr verwendet werden dürfen. Diese "Servicestudie" diente unserer Meinung nach schlicht dazu, möglichst viele Aussagen zu produzieren, die man dann als Label verkaufen kann. So geschehen beispielsweise bei FingerHaus. Die Firma warb auf ihrer Internetseite mit sage und schreibe sechs verschiedenen Labeln, die aus der Studie generiert wurden. Dazu schrieb Fingerhaus: "Auch in diesem Jahr vergab das renommierte Hamburger Institut (DISQ) insgesamt den ersten Platz an FingerHaus. In den Bereichen Service, Beratung vor Ort und Kundenservice per E-Mail belegte das Unternehmen jeweils den ersten Platz. In den Bereichen Internetauftritt, Telefonischer Kundenservice und Unterlagenversand zählt FingerHaus zu den Top drei der getesteten Unternehmen und wurde jeweils mit dem `Premium-Siegel´ ausgezeichnet.“ Ein Label für den Versand von Unterlagen. Geht´s noch? Auf der Rangliste Unseriös hat das Label mit Sicherheit immer noch eine Spitzenposition. Mehr dazu lesen Sie hier: Servicestudie Fertighausanbieter
Viele Auszeichnungen sind für Baufrauen und -herren schlicht irrelevant. So wirbt Bien-Zenker mit dem Fox Award 2023. Mit dem wurde eine Imagebroschüre des Unternehmens bedacht. Auch die Auszeichnungen mit dem Musterhaus Report Top Musterhäuser oder dem Deutschen Musterhauspreis sind bedeutungslos, denn in den Musterhaus-Parks findet man mit Sicherheit keinen Pfusch am Bau auf. Unternehmen mögen stolz sein auf den German Brand Award („Lohn für erfolgreiche Markenarbeit“), die Label Deutschlands innovativste Mittelständler der Zeitschrift Wirtschaftswoche, Deutschlands digitale Vorreiter des FAZ-Instituts, Digital Champion von Focus Money/Deutschland Test oder den Deutschen Nachhaltigkeitspreis. Aber Bauherren garantieren sie kein hochwertiges Haus und auch kein nachhaltiges. Wenn Chemiekonzerne wie BASF mit dem Preis ausgezeichnet werden, hat das mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Denn BASF gehört zu den größten Pestizidherstellern weltweit und vergiftet mit seinen Spritzmitteln die Umwelt – nachhaltig. Schon Bezeichnungen wie "Deutschlands nachhaltigste Großunternehmen" sind schlicht Irreführung. Denn für die Auszeichnung mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis werden keineswegs alle Unternehmen geprüft. Wer den Preis haben will, muss sich bewerben. Wie viele der knapp 3.000 Großunternehmen in Deutschland mit mehr als 1.000 Mitarbeitern das für 2020 gemacht haben, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Aber insgesamt waren es für alle zwölf Preiskategorien gerade einmal gut 800. Mehr über den Preis erfahren Sie hier: Nachhaltigkeits-Preise
Aber warum wird mit solchen Labeln geworben? Für den Fox Award 2023 bemüht sich Bien-Zenker um ein Erklärung. „Wenn wir den Branchenpreis Fox Awards 2023 in Silber für unsere Imagebroschüre erhalten, ist das auch für Sie als angehender Bauherr von Bedeutung. Weil in dieser Imagebroschüre unsere ganze Leidenschaft fürs individuell geplante Fertighaus steckt. Die auch Ihnen zugutekommen wird, wenn Sie Ihren Traum vom eigenen Fertighaus wahr machen“, schreibt das Unternehmen auf seiner Internetseite. Viel einleuchtender finden wir allerdings die verblüffend ehrliche Erklärung, die das Internationale Institut für Bankentests (iifb) gibt. In einer Veröffentlichung mit dem Titel "Neurowissenschaftliche und psychologische Betrachtung von Auszeichnungen/Zertifizierungen" heißt es: "Je mehr Auszeichnungen ein Mensch, ein Unternehmen hat, umso höher ist der Stellenwert des positiven Images". Daher empfiehlt der Autor: "Somit ist jedem Unternehmen zu raten: Nutzen Sie den Mechanismus der positiven Anerkennung des Unterbewussten. Werbung mit Auszeichnungen - möglichst vielen - ist die am besten investierte Werbung - und das mit kurz- und langfristigem Return of Investment".