Zehn oder elf Fonds sind der Süddeutschen Zeitung zufolge Top in Sachen Nachhaltigkeit. Aber viele Firmen in den Fonds fördern Kohle, Öl oder Gas oder werden für Entwaldung, Arbeits- und Menschenrechtsverstöße verantwortlich gemacht.
Einleitung
„Anlage mit guten Gewissen“ hat die Süddeutsche Zeitung am 26. September 2024 einen Beitrag zum Thema nachhaltige Aktienfonds überschrieben. Darin heißt es: „Fonds sind ein beliebtes Instrument zur Altersvorsorge und Vermögensbildung. In den letzten Jahren sind vor allem sogenannte Nachhaltigkeitsfonds in den Fokus gerückt. Diese bieten Anlegern die Möglichkeit, ihr Kapital nicht nur gewinnbringend anzulegen, sondern dabei auch einen positiven Beitrag zum Umweltschutz und zu sozialen Belangen zu leisten. Nachhaltigkeitsfonds stellen in diesem Konzept eine besonders attraktive Option dar, da sie finanzielle Sicherheit und ökologische sowie soziale Verantwortung miteinander verbinden. Sie berücksichtigen bei ihren Investitionen nicht nur klassische Kriterien wie Rendite, Liquidität und Sicherheit, sondern auch sogenannte ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance), die für Umweltbewusstsein, gesellschaftliche Verantwortung und eine ethische Unternehmensführung stehen. Die Beliebtheit der Fonds liegt nicht nur an den Renditechancen, sondern auch an den zahlreichen Vorteilen, die sie bieten. So profitieren Anleger von der Kosteneffizienz und Ressourcenschonung vieler nachhaltiger Unternehmen. Zudem zeichnen sich viele dieser Unternehmen durch Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit aus. Firmen, die auf nachhaltige Technologien und Lösungen setzen, haben oft langfristige Wettbewerbsvorteile und können so neue Märkte erschließen. Zudem wird das Image dieser Unternehmen durch ihr Engagement in ökologischen und sozialen Bereichen gestärkt, was wiederum das Vertrauen von Kunden und Investoren fördert und sich positiv auf den Aktienkurs auswirkt. Die Frage, welche Nachhaltigkeitsfonds sich besonders lohnen, hat das SZ Institut in Zusammenarbeit mit der europäischen Ratingagentur Scope in einer umfassenden Studie untersucht. Ziel war es, aus rund 500 in Deutschland zugelassenen Nachhaltigkeitsfonds denjenigen zu identifizieren, die sich durch eine gute Wertentwicklung, niedrige Schwankungsanfälligkeit und vertretbare Kosten auszeichnen. Das Ergebnis der Studie zeigt, dass von den Fonds in der Kategorie Aktien Nachhaltigkeit Welt nur zehn in die Liste der top Fonds aufgenommen wurden.“
Unsere Einschätzung
Unsere Einschätzung: Anleger kaufen die empfohlenen Fonds vielleicht mit gutem Gewissen. Aber Gutes tun sie damit nicht. Mehr dazu weiter unten. Kommen wir zunächst zu den offensichtlichen Fehlern. Die Süddeutsche schreibt, dass in Deutschland rund 500 Nachhaltigkeitsfonds zugelassen sind. Tatsächlich sind es mehrere tausend.
In der gedruckten Ausgabe heißt es, dass in „der Kategorie Aktien Nachhaltigkeit Welt nur zehn in die Liste der top Fonds aufgenommen wurden“. In der Tabelle sind aber elf aufgelistet. Da stellt sich die Frage: Warum sollte man bei der Geldanlage Leuten vertrauen, die es mit Zahlen nicht so haben und nicht einmal bis elf zählen können?
Zudem ist der BRW Balanced Return V (am Ende der Tabelle) kein Aktien-, sondern ein Mischfonds. Mehr als die Hälfte seiner Mittel steckt in Staatsanleihen, vor allem US-amerikanischen. Wir – und damit stehen wir nicht allein – halten die USA nicht für eine Perle der Nachhaltigkeit. Damit kommen wir zum wichtigsten Kritikpunkt. Auf sueddeutsche.de heißt es: „Bitte beachten Sie, dass die Auswahl der Top Nachhaltigkeitsfonds 2024 einzig auf den beschriebenen quantitativen und qualitativen Kriterien beruht. Die Nachhaltigkeitsansätze der einzelnen Fonds wurden nicht explizit analysiert.“ Das wäre aber dringend angeraten gewesen. Die Seite faire-fonds.info hat mehrere tausend Fonds analysiert. Sie ist ein gemeinsames Projekt von Facing Finance und Urgewald. Beide Organisationen sind anerkannt kompetente Experten für nachhaltige Aktienanlagen. Alle neun der elf „Top-Nachhaltigkeitsfonds“ der Süddeutschen Zeitung, die faire-fonds unter die Lupe genommen hat, investieren in „kontroverse“ Unternehmen. Zwischen gut 16 und knapp 32 Prozent ihrer Gelder stecken in Aktien von Kohle-, Öl- und Gasförderern. Oder in den US-Tech-Konzernen Apple, Amazon, Meta (Facebook), Alpha (Google) und Microsoft, die unter anderem für Verstöße gegen Arbeits- und Menschenrechte verantwortlich gemacht werden, in Konzernen wie L´Oreal, Johnson & Johnson und Colgate Palmolive, die Entwaldung fördern oder in Auto- und Chemiekonzernen wie Honda, Mercedes und BASF (die laut faire-fonds.info kontroversen Aktien haben wir Ihnen im gleichnamigen Reiter dokumentiert).
Nicht zuletzt ist die Aussage irrig, Nachhaltigkeitsfonds böten „Anlegern die Möglichkeit, ihr Kapital nicht nur gewinnbringend anzulegen, sondern dabei auch einen positiven Beitrag zum Umweltschutz und zu sozialen Belangen zu leisten.“ Warum das nicht funktioniert, erklärt Christian Klein, Professor für nachhaltige Finanzwirtschaft an der Uni Kassel. Dem Deutschlandfunk sagte er: „Wenn so ein Portfoliomanager so einen nachhaltigen Fonds bastelt, achtet er darauf, dass die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens beachtet werden. Also überlegt sich bei jeder Geldanlage: Ist das kompatibel mit dem, was das Pariser Klimaschutzabkommen fordert? Und dann legt er am Ende so etwas wie Windkraft und Solarenergie in das Portfolio. Und er kauft eben kein Öl und kein Gas. Und wenn wir uns jetzt die Frage stellen ‚Was ist passiert? Ist jetzt weniger CO2 in der Luft?‘, werden wir sagen, eigentlich überhaupt nicht. Also dadurch, dass Sie am Sekundärmarkt irgendwie einen Windkrafthersteller kaufen, passiert gar nichts.“ Die Aktien wechselten lediglich ihren Besitzer und die Firma, die die Aktien ausgegeben hat, merke davon erstmal kaum etwas.
Auch der Chef der Nachhaltigkeitsrating-Agentur ISS ESG, Maximilian Horster, warnte im Deutschlandfunk davor, zu glauben, dass die Welt durch nachhaltige Aktieninvestments klimafreundlich wird. „Die Vorstellung, dass Sie in eine bestimmte Aktie investieren und damit der Welt helfen oder eine bestimmte Aktie verkaufen und damit sozusagen dem Unternehmen schaden, ist ein völliges Missverständnis dessen, wie der Aktienmarkt funktioniert“, so Horster.
Fazit: Wer die von der Süddeutschen Zeitung empfohlenen Fonds kauft, hat vielleicht ein gutes Gewissen. Gutes tut man damit aber nicht.