Sieben Tests mit 159 Produkten hat Öko-Test in seiner September-Ausgabe veröffentlicht. Am Beispiel der Kaffeepads und der Kinderzahnbürsten lassen sich viele ihrer Probleme anschaulich erklären – und es wird klar, warum so wenig Verlass auf sie ist.
Einleitung
Doch bevor wir zu diesen Tests kommen: Wir hätten fast gesagt: Geht doch. Denn immer wieder hatten wir kritisiert, dass Öko-Test Produkte, vor allem Kosmetika, nicht mehr auf halogenorganische Verbindungen (AOX) untersuchen lässt. Sie werden zumeist als Konservierungsmittel eingesetzt und sind gesundheitlich bedenklich, weil sie zum Beispiel Allergien auslösen können. In diesem Heft hat man sie in den Tests Mundspülungen und Haarspülungen für coloriertes Haar wieder ins Untersuchungsprogramm aufgenommen. Allerdings nur halbherzig. Denn in beiden Tests hat man nur Produkte untersuchen lassen, die laut Deklaration AOX (hier Chlorhexidin) enthalten. Nicht geklärt wird (weil es unerklärlich ist), warum man nicht alle Produkte getestet hat. Denn so bleiben Hersteller unentdeckt, die sich einen Vorteil verschaffen, indem sie AOX verwenden, diese aber nicht deklarieren. Wir wissen nicht, warum AOX eine Zeitlang nicht getestet wurden. Auf unsere Anfragen bekamen wir von Öko-Test keine Antwort. Wir vermuten jedoch, dass es im Labor Probleme gab, denn die aktuelle Testmethode wurde – wenn auch nur wenig – modifiziert.
Der Untersuchungsumfang der Kaffeepads lässt dagegen keine Wünsche offen. So heißt es im „So haben wir getestet“: „Verschiedene Labore untersuchten die Kaffeepulver in unserem Auftrag auf bedenkliche Inhaltsstoffe: krebsverdächtiges Acrylamid, das beim Rösten von Kaffee entstehen kann, Pestizide und Mineralöl-Rückstände sowie – hier gab es jedoch keine Befunde – das Schimmelpilzgift Ochratoxin A. Den fertig in der Pad-Maschine zubereiteten Kaffeeaufguss analysierte das Labor auf Furane. Bei Kaffees mit der Auslobung `100 Prozent Arabica´ ließen wir überprüfen, ob tatsächlich keine Robusta-Anteile untergemischt sind. Und wie gut schmeckt der Kaffee aus der Pad-Maschine? Geschulte Sensorik-Experten beurteilten für uns Geruch und Geschmack des fertig zubereiteten Aufgusses. Hohes Gewicht bei der Bewertung des Kaffees legten wir auf den Aspekt der Anbaubedingungen in den Ursprungsländern. Machen die Anbieter uns gegenüber ihre Lieferketten transparent? Kommen sie ihren unternehmerischen Sorgfaltspflichten nach, zum Beispiel, indem sie die Risiken in ihren Lieferketten systematisch analysieren oder in einem Verhaltenskodex von ihren Zulieferern das Verbot von Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Diskriminierung einfordern? Sorgen Sie für faire Arbeitsbedingungen durch Versammlungsfreiheit, angemessene Schulungen und Bereitstellung von Schutzausrüstungen? Haben sie eine Strategie für die Umsetzung existenzsichernder Einkommen und Löhne? Gibt es ein Verbot hochgefährlicher Pestizide? Und können Sie ausschließen, dass für den Anbau ihres Kaffees in den vergangenen Jahren Waldflächen gerodet wurden? Dazu haben wir einen umfangreichen Fragebogen ausgewertet, welcher gemeinsam mit der Control Union Certifications Germany entwickelt wurde. Zusätzlich erfassten wir Umweltauslobungen von den Verpackungen und schauten, ob ausreichende Informationen auf dem Produkt vorhanden sind.“
Auch die Kinderzahnbürsten wurden umfangreich untersucht, auf Schadstoffe ebenso wie in einem Praxistest. Das Ergebnis: Schadstoffe hat man nicht gefunden, aber die Gebrauchseignung ließ bei einigen zu wünschen übrig. Zum Beispiel, weil zu wenige Borstenenden abgerundet waren und deshalb das Zahnfleisch verletzt werden kann. Trotzdem sind 14 der 18 Produkte „(sehr) gut“.
Von den Kaffeepads kommt nur eins der 21 auf „gut“, fünf sind „ungenügend“, zehn „mangelhaft“, der Rest ist ausreichend (die gesamten Testergebnisse haben wir Ihnen in den gleichnamigen Reitern dokumentiert, Fehler haben wir pink unterlegt).
Unsere Einschätzung
Unsere Einschätzung: Die Testergebnisse von zwölf Kaffeepads sind fehlerhaft. Acht der zehn „mangelhaften“ sind tatsächlich „ausreichend“. Denn abgewertet wird, wenn ein Produkte Furan enthält (1 Note), Acrylamid (2 Noten) und Glyphosat (1 Note). Diese Abwertung gibt die Legende aber nicht her. Dort ist nur einmal von Glyphosat die Rede. Öko-Test schreibt: „Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: drei bis vier besonders bedenkliche Pestizide in gemessenen Gehalten von mehr als 0,01 mg/kg. Dabei orientieren wir uns an der Liste der hochgefährlichen Pestizide des Pestizid-Aktions-Netzwerks (PAN), Stand: 3/2021, insbesondere der in Gruppe 2 oder Gruppe 3 als sehr bienentoxisch oder sehr bioakkummulierend und sehr persistent in Wasser, Böden oder Sedimenten genannten Stoffe sowie an Einstufungen von Pestiziden in der EU-Datenbank oder CLP-Verordnung (ECHA) als kanzerogen oder reproduktionstoxisch (hier: Glyphosat, Acetamiprid, Cyproconazol).“
Dass Glyphosat nicht abgewertet werden soll, kann man an den Melitta Bella Crema La Crema, 16 Pads nachvollziehen. Hier lautet das Testergebnis Inhaltsstoffe ebenfalls wegen Furan, Acrylamid und Glyphosat „mangelhaft“. Allerdings kommt noch eine Note Abwertung wegen der Sensorik (befriedigend) dazu. „Testergebnisse Sensorik oder Weitere Mängel, die `befriedigend´ oder `ausreichend´ sind, verschlechtern das Testergebnis Inhaltsstoffe um jeweils eine Note“, heißt es in der Legende. Daher wäre das Testergebnis Inhaltsstoffe „ungenügend“, wenn Glyphosat tatsächlich abgewertet würde.
Während viele Produkte zu schlecht bewertet wurden, haben nicht nur die Melitta-Pads zu gut abgeschnitten. Auch das Testergebnis Inhaltsstoffe der Gepa Orgánico Caffè Crema, 18 Pads ist zu gut. Sie werden wegen Acrylamid und Furan mit „ausreichend“ bewertet. Übersehen hat Öko-Test jedoch, dass wegen der Weiteren Mängel (befriedigend) eine weitere Note hätte abgezogen werden müssen und das korrekte Testergebnis Inhaltsstoffe „mangelhaft“ ist.
Bei den Senseo Caffè Crema, 16 Pads geht alles durcheinander. Öko-Test bewertet die Inhaltsstoffe wegen Glyphosat und Furan mit „befriedigend“, hat aber das Testergebnis Sensorik „mangelhaft“ übersehen. Dazu heißt es in der Legende: „Ein Testergebnis Sensorik, das `mangelhaft´ ist, verschlechtert das Testergebnis Inhaltsstoffe um zwei Noten. Das Testergebnis Inhaltsstoffe wäre also „mangelhaft“. Damit wäre das Gesamturteil „ausreichend“ korrekt. Allerdings sind die Teilnoten Inhaltsstoffe und CSR (Unternehmensverantwortung) laut Öko-Test „befriedigend“. Da beide zu je 50 Prozent in das Gesamturteil einfließen, müsste auch das „befriedigend“ sein.
Außerdem hat man den Gehalt des leberschädigenden Schadstoffs Furan (er entsteht durch die Röstung) im Kaffee gemessen. Abgewertet wird ein Pads, wenn mit vier kleinen Tassen pro Tag die Schwelle fast erreicht wird, ab der im Tierversuch erste Schäden auftreten. Das krebsverdächtige Acrylamid (es entsteht ebenfalls durch die Röstung) bewertet man dagegen unabhängig von der täglichen Aufnahme anhand der absoluten Gehalte. Das ist nachvollziehbar, da es für Röstkaffee einen EU-Richtwert gibt, den Öko-Test seiner Bewertung zugrunde legt.
Nicht nachvollziehbar ist dieses Vorgehen jedoch für Pestizide und viele andere Schadstoffe, für die Öko-Test unabhängig von der täglichen Verzehrmenge eigene Grenzwerte festlegt. Doch nimmt man zum Beispiel durch eine Scheibe Brot, das – sagen wir mal – 20 Milligramm Pestizide pro Kilogramm (mg/kg) enthält, wesentlich mehr Spritzgift auf als durch ein wenige Gramm schweres Kaffeepad, das ebenfalls mit 20 mg/kg belastet ist. Zudem hat Öko-Test nicht einmal untersucht, wieviel davon in den Kaffee übergeht. Möglicherweise weiß man aber, dass es so wenig ist, dass eine Abwertung aus gesundheitlichen Gründen nicht zu rechtfertigen wäre. Aber darüber können wir nur spekulieren, denn unsere Bitte um eine Stellungnahme ließ man unbeantwortet.
Am Beispiel von Mineralölbestandteilen (sie wurden in den Kaffeepads gesucht aber nicht gefunden), haben wir das Vorgehen von Öko-Test immer wieder kritisiert. Denn es führt zu dem absurden Ergebnis, dass ein Säugling durch ein „sehr gutes“ Muttermilchersatzprodukt zehnmal mehr Mineralölbestandteile aufnimmt als ein Erwachsener über ein „mangelhaftes“ Kurkuma. Mehr dazu lesen Sie hier: Indiskutabel.
Die Signal Kinderzahnbürste, Conni, Ultra Soft von Unilever hat Öko-Test mit „befriedigend“ bewertet. In das Gesamturteil sind die Teilergebnisse Inhaltsstoffe „sehr gut“ und Gebrauchseignung „mangelhaft“ zu je 50 Prozent eingeflossen (1 + 5 = 6:2 = 3). Da fragen wir uns: Wie kann man ein im Praxistest durchgefallenes Produkt mit „befriedigend“ bewerten? Möglichkeit eins: Man traut dem eigenen Praxistest nicht. Möglichkeit 2: Man hat die Uhr mal locker um 25 Jahre zurückgedreht. Damals interessierte sich die Stiftung Warentest nicht für Schadstoffe und Öko-Test nicht für den Gebrauchswert. Mit dem Ergebnis: Ein über die gesetzlichen Grenzwerte hinaus mit Schadstoffen belastetes, aber gut funktionierendes Produkt konnte von der Stiftung Warentest ein „sehr gut“ bekommen. Ebenso wie von Öko-Test unbrauchbarer Schrott, Hauptsache er enthielt keine Schadstoffe. Die dritte Möglichkeit: Bei Öko-Test weiß die eine Hand nicht, was die andere tut. So fließen in des Gesamturteil der Kaffeepads ebenfalls zwei Teilergebnisse (Inhaltstoffe und CSR) zu je 50 Prozent ein. Aber mit der Maßgabe: „Das Gesamturteil kann nicht besser sein als das Testergebnis Inhaltsstoffe.“ Das Gesamturteil eines Pads mit den Teilergebnissen Inhaltsstoffe „mangelhaft“ und CSR „sehr gut“ ist daher nicht „befriedigend“ (1 + 5 = 6:2 = 3), sondern „mangelhaft“. Genauso hätte man bei den Kinderzahnbürsten verfahren und festlegen müssen: „Das Gesamturteil kann nicht besser sein als das Testergebnis Gebrauchseignung.“ Dann wäre einem das peinliche „befriedigend“ für die Signal Kinderzahnbürste, Conni, Ultra Soft erspart geblieben.
Fazit: Sie verstehen sicherlich, warum es uns schwerfällt, von Testergebnissen zu sprechen, auf die man sich verlassen kann und soll.