Vier Tests von Lebensmitteln, zwei von Kosmetika. Öko-Test fühlt sich offenbar in immer weniger Bereichen kompetent. Aber auch an den verbleibenden haben wir viel Kritik.
Einleitung
Test Eier: Ostern ohne Eier? Für viele undenkbar. Damit Sie wissen, welche Sie guten Gewissens kaufen können, haben wir 20 mal Bio- und Freilandeier getestet. Die meisten Freilandeier landen vor allem wegen Abzügen beim Tierwohl nur im Mittelfeld. Schlusslicht sind die Freilandeier von Aldi. Fünf Bios schneiden mit Bestnote ab.
Test Gewürzgurken: Ob aufs Brot, im Salat oder als kalorienarmer Snack: Gewürzgurken gehen immer, und auch im Test überzeugt fast die Hälfte der Produkte mit „sehr gut“. Nicht so schön ist allerdings, dass viele konventionell angebaute Gurken gleich mehrfach mit Pestiziden belastet sind.
Test vegane Butter: Die hippe „vegane Butter“ erobert die Supermarktregale und lässt klassische Margarine im Becher alt aussehen. Doch wo ist der Unterschied? Gibt es überhaupt einen? Wir haben neun der veganen Blöcke getestet – und können leider keinen empfehlen. Sieben rasseln durch, darunter der von Meggle.
Test Pesto Rosso: Die gute Nachricht vorweg: Ein Drittel der roten Pasten in unserem Test können wir empfehlen. Das Labor hat in einigen Produkten jedoch Schimmelpilzgifte, Pestizide, Mineralölbestandteile oder Bisphenol A gefunden. Zehn Pesti fallen durch, darunter auch die bekannten Marken Bertolli und De Cecco sowie zwei Bio-Marken.
Test Gesichtsreinigungsöle: Hersteller bewerben Reinigungsöle als effektive, schonende Art der Gesichtsreinigung. Die Rezepturen von einigen der 20 geprüften Produkte haben zwar Verbesserungspotenzial, schneiden aber noch „gut“ ab. Neun können wir mit „sehr gut“ rundum empfehlen. Nur Clinique tanzt aus der Reihe.
Test pH-hautneutrale Waschlotionen: Waschlotionen mit einem „hautneutralen“ pH-Wert nützen vor allem Menschen mit Hautproblemen, gestresster oder sensibler Haut. Auch wir haben nicht viel auszusetzen an den Produkten: Die allermeisten schneiden im Test „gut“ ab.
So fasst Öko-Test die Ergebnisse seiner sechs Tests mit 122 Produkten in der April-Ausgabe 2024 zusammen. Wie immer dokumentieren wir diese in den gleichnamigen Reitern.
Unsere Einschätzung
Unsere Einschätzung: Öko-Test hat in den ersten vier Monaten des Jahres 2017 insgesamt 27 Tests veröffentlicht. Sechs von Lebensmitteln, fünf von Kosmetika, 16 zu sonstigen Themen wie Finanzprodukte, Arzneimittel, Kleidung und Bauen/Wohnen. Seither sind die Zahl der Tests und die Themenvielfalt immer geringer geworden. In den ersten vier Monaten 2024 waren es nur noch 22 Tests. Zehn von Lebensmitteln, acht von Kosmetika und lediglich vier aus anderen Themenfeldern.
Weniger Test, weniger Themen: 2017: 1) Erkältungsmittel, Kinderjeans, Haftpflichtversicherungen, Silikonfugenmassen, Bio-Hundefutter. 2) Buntstifte, Babybodys, Hausratversicherungen. 3) Vorsorgestrategien, Korkfertigparket, Milbensprays. 4) Schulranzen, Matschhosen, Schmerz-/Sportlersalben, Grüne Geldanlage, wasserbasierte Lackfarben. 2024: 5) Einlagen bei Blasenschwäche, Hundespielzeug. 6) Multivitaminpräparate für Kinder. 7) Allzweckreiniger.
Bianca Puff und Cordula Posdorf heißen die neuen Chefredakteurinnen von Öko-Test. Sie sind die Nummern vier und fünf seit dem Rauswurf von Langzeitchef Jürgen Stellpflug im Jahr 2018. Ihre direkte Vorgängerin Kerstin Scheidecker musste wohl auch wegen der vielen von Testwatch bemängelten falschen Testergebnisse und Fehler gehen. Im ersten von den beiden Neuen verantworteten Heft haben wir zwar keine offensichtlichen Fehler gefunden. Aber ansonsten hat sich wenig geändert.
Zudem könnte es im Test Eier doch zwei Fehler geben. Denn die Columbus frische Eier aus Freilandhaltung 10 Stk von Penny und die Rewe Beste Wahl 10 frische weiße Eier aus Freilandhaltung stammen beide von Columbus Frischei. Beim Parameter „Verbleib der männlichen Küken“ heißt es bei Penny: „Aufzucht männlicher Küken“, bei Rewe: „In-Ovo-Geschlechtsbestimmung“. Dazu werden die Eier bis zu zwölf Tage angebrütet, bis eine Geschlechtsbestimmung möglich ist. Eier aus denen ein männliches Küken schlüpfen würde, werden vernichtet. Das gleiche gilt für die Globus 10 Deutsche Eier aus Freilandhaltung und die K Classic 10 frische Eier aus Freilandhaltung von Kaufland. Sie stammen beide vom Eierhof Hennes. Es ist selbstverständlich möglich, dass Erzeuger unterschiedlich verfahren, selbst wenn Kunden wie Rewe und Penny zum gleichen Konzern gehören. Aber der Verbleib männlicher Küken wird nicht im Labor getestet, sondern die Angaben wurden die per Fragebogen bei den Hersteller erhoben. Die Antworten müssen nicht richtig sein. Wir haben daher Öko-Test gefragt, ob und wie man die Angaben verifiziert habe. Eine Antwort haben wir nicht bekommen. Nicht einmal einen Zwischenbescheid wie: Danke, haben die Fragen bekommen, melden uns bis dann und dann. Das ist allerdings schon ein merkwürdiges Verhalten für ein Blatt, das mit Anbietern in solchen Fällen rabiat umspringt. So wären alle jetzt „sehr guten“ Eier „mangelhaft“, hätten die Anbieter die umfangreichen Fragebögen zur Unternehmensverantwortung (CSR) und zum Tierwohl nicht beantwortet. Und das, obwohl das Testergebnis für „Qualität und Inhaltsstoffe“ „sehr gut“ ist
Uns fehlt zudem eine Untersuchung der Eier auf Caratinoide. Diese Futterzusätze färben das Eigelb gelber, können aber gesundheitlich bedenklich sein und wurden in früheren Tests gefunden. Außerdem schreibt Öko-Test: „In einem spezialisierten Labor ließen wir eine Güteklassenbestimmung durchführen. Dabei wurden verschiedene Qualitätsmerkmale der Eier untersucht, (unter anderem) Wie groß ist die Luftkammer im Ei“? Wie man das gemacht hat, ist unklar. Dem chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart zufolge werden die Eier mit einer hellen Lampe durchleuchtet und die Luftkammerhöhe wird dann mit einer speziell geformten Skala ermittelt. Ob es auch andere Methoden gibt, wissen wir nicht.
Vieles, was Testwatch in der Vergangenheit kritisiert hat, findet sich konzentriert im Test vegane Butter, unter anderem willkürliche Testprogramme, indiskutable Bewertungen und offensichtliche Unklarheit und Verwirrung darüber, was man wirklich veranstaltet hat. So beruht „das Testergebnis CSR (Corporate Social Responsibility) auf einer maximal vergebenen Punktzahl von 36 Punkten. Bei 30 bis 36 Punkten lautet das Testergebnis CSR sehr gut; bei 29 bis 24 Punkten gut, bei 23 bis 18 Punkten befriedigend; bei 17 bis 12 Punkten ausreichend; bei 11 bis 6 Punkten mangelhaft; bei weniger als 6 Punkten ungenügend.“ Wir haben Öko-Test daher gefragt: Warum bildet ihr nicht sechs gleichgroße Klassen mit je sechs Punkten? Denn 30 bis 36 Punkte sind sieben Punkte, weniger als sechs nur fünf. Böswillig könnte man spekulieren, ob dadurch ein oder mehrere Produkt/e gezielt besser oder schlechter gestellt werden sollten. Aber vermutlich ist das Ganze viel banaler: Man hat es offenbar mit den Zahlen und der Systematik nicht so und hat einfach einen Denkfehler gemacht.
Bewertet werden zudem nur die tropischen Öle und Fette Kokos, Shea und Kakao. Bei den anderen wurde nicht einmal nach den Herkunftsländern gefragt, obwohl auch Raps- und Sonnenblumenöl aus Ländern mit prekären Arbeitsbedingungen stammen können. Auch ist etwa ein Drittel des weltweit angebauten Rapses gentechnisch verändert. Gentechnik in Lebensmitteln sieht Öko-Test bekanntlich kritisch. Warum trotzdem nicht darauf getestet wurde, wissen wir nicht. Nicht zuletzt heißt es im Heft: „Per Deklaration überprüften wir, ob die Produkte Aromen enthalten.“ Im Internet wird dagegen eine Testmethode angegeben: „Aroma: Untersuchung der Aromastoffe durch LRI-Kapillar-Gaschromatographie/Full-Scan MS nach Destillation, Extraktion und Anreicherung, entsprechend ASU L 00.00-106 modifiziert.“ Die in der Tabelle aufgeführten Bezeichnungen Aroma, Aromen, natürliches Aroma, natürliche Aromen deuten darauf hin, dass sie lediglich aus der Deklaration abgeschrieben wurden. Dann allerdings wäre die Angabe einer Testmethode im Internet schlicht Verbrauchertäuschung.
Weder die Reinigungsöle noch die Waschlotionen wurden auf halogenorganische Verbindungen (AOX) untersucht, obwohl im Test Waschgele im Heft 3/2024 zwei Produkte AOX enthielten. Öko-Test hält sie zu Recht für problematisch und schreibt dazu: „Halogenorganische Verbindungen umfassen eine große Gruppe von Stoffen. Viele von ihnen können Allergien auslösen, fast alle reichern sich in der Umwelt an.“ Zudem wird nur im Test Reinigungsöle das Antioxidans (Konservierungsmittel) BHT problematisiert, obwohl es auch in Waschlotionen enthalten sein kann. Es ist laut Öko-Test ebenfalls bedenklich, weil es „unter Verdacht steht, wie ein Umwelthormon zu wirken“. Zudem gäben „Tierversuche unter anderem Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Schilddrüsenfunktion“. Im Test Gewürzgurken stammen vier Produkte aus der Türkei, die bekanntlich auch ein Land mit prekären Arbeitsbedingungen ist. Trotzdem wurde kein CSR-Test gemacht. Mit einer Bewertung der Unternehmensverantwortung wären die „sehr guten“ türkischen Produkte im schlechtesten Fall „mangelhaft“. Eine Begründung für all diese Unstimmigkeiten und scheinbar willkürlichen, zumindest aber nicht durchdachten Testprogramme haben wir nicht gefunden und auf Nachfrage auch nicht bekommen.
Wie im Test vegane Butter halten die beiden Neuen auch im Test Pesto Rosso unbeirrt an der Bewertung von Mineralölbestandteilen fest. Unabhängig von der Verzehrsmenge können Lebensmittel, die mehr als vier Milligramm pro Kilogramm davon enthalten, bestenfalls „mangelhaft“ sein. Zu einem Stück aus dem Tollhaus mit besten Grüßen aus Absurdistan wird das Ganze, weil in diesem Test für den Schadstoff Bisphenol A (BPA) die Gehalte abhängig von der Verzehrsmenge bewertet werden. Öko-Test erklärt dazu: „Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: (..) ein gemessener Gehalt an Bisphenol A, der den TDI der EFSA von 0,2 ng/kg Körpergewicht zu mehr als 100 Prozent ausschöpft (in Tabelle: BPA stark erhöht). Zugrunde gelegt haben wir ein Körpergewicht von 60 Kilogramm und zwei wöchentliche Portionen von je 50 Gramm.“ Tatsächlich müssten seriöser Weise auch für Mineralölbestandteile die Verzehrsmengen berücksichtigt werden, weil man durch ein Lebensmittel, von dem man täglich allenfalls homöopathische Dosen isst (zum Beispiel Pfeffer oder Kurkuma), selbst bei einer hohen Belastung viel weniger Schadstoffe aufnimmt als durch Lebensmittel, die man (täglich) in größeren Mengen verzehrt. So nimmt ein Erwachsener mit einer Portion eines „sehr guten“ Pesto Rosso rund viermal mehr Mineralölbestandteile auf als mit einem „mangelhaften“ Kurkuma. So etwas schlicht ist indiskutabel.
Fazit: Die neuen Chefredakteurinnen hätten die Chance, aus den Fehlern ihrer Vorgängerin zu lernen. Die erste Gelegenheit dazu haben sie nicht genutzt.