Unsere Einschätzung

Unsere Einschätzung: Man kann, wie die folgende Rechnung deutlich macht: Kurkuma mit einem Gehalt von bis zu einem Milligramm MOSH pro Kilogramm (mg/kg) ist, sofern es keine weiteren Probleme gibt, Öko-Test zufolge "sehr gut". Enthält es mehr als vier mg/kg, wird es um vier Noten abgewertet und ist "mangelhaft". Die gleichen Abwertungsgrenzen gelten für alle Lebensmittel, auch zum Beispiel für Muttermilchersatz.

Zur Begründung schreibt Öko-Test: "Bislang gibt es nur Orientierungs-, aber keine Grenzwerte für MOSH. Wir kategorisieren die gemessenen Gehalte (in Kurkuma) daher genau so streng wie in anderen Lebensmitteln auch". Allerdings weiß Öko-Test offenbar, dass sein Vorgehen problematisch ist und versucht sich an einer Rechtfertigung: "Die Bewertung mag streng erscheinen, wenn man von einem sporadischen und sehr sparsamen Einsatz als Gewürz ausgeht. Für Curry oder goldene Milch braucht es aber ordentlich Kurkuma. Ordentlich sind laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) höchstens drei Gramm Kurkuma pro Tag. Mehr kann zu Übelkeit, Blähungen, Durchfall und Sodbrennen führen. Dennoch haben wir zum Schutz von Kurkuma-Junkies vorsichtshalber nicht nur mit 1,5 und drei Gramm gerechnet, sondern auch mit zehn. Danach nimmt ein Mensch durch ein "mangelhaftes" Kurkuma 0,006 bis 0,1 mg MOSH auf. Bei einem Säugling, der die empfohlene Menge von 100 Gramm "sehr gutem" Milchpulver verzehrt, sind es bis zu 16,6 mal mehr."

Oder anders ausgedrückt: Bezogen auf die empfohlenen täglichen Mengen von 100 Gramm Milchpulver bzw. höchstens drei 3 Gramm Kurkuma ist eine Aufnahme von 0,1 mg MOSH pro Tag für einen Säugling nach Ansicht von Öko-Test offenbar unbedenklich (sonst könnte das Produkt ja nicht mit "sehr gut" bewertet werden). Dagegen werden 0,012 mg MOSH für einen Erwachsenen als so problematisch angesehen, dass ein Kurkuma dafür ein "mangelhaft" bekommt. Ja, geht´s noch?

Unverständlich oder Willkür: Säuglinge und Kleinkinder sind viel empfindlicher als Erwachsene. Doch über "sehr gute" Muttermilchersatzprodukte nehmen sie bis zu 16,6 mal mehr MOSH auf als Erwachsene über "mangelhaft" bewertetes Kurkuma.

Betroffene Firmen haben kaum eine Chance, sich gegen solche Ungleichbehandlungen zu wehren. Denn der Bundesgerichtshof räumt Testveranstaltern einen breiten Ermessensspielraum ein. Ihre Testmethoden und Bewertungen müssen lediglich diskutabel sein. Doch sind sie es in einem solchen Fall wirklich noch? Wir haben da starke Zweifel.

Kein Zweifel besteht, dass sich unglaubwürdig macht, wer derart unterschiedliche Messlatten anlegt. Wenn man gesundheitliche Risiken befürchtet, müssen (wie das beispielsweise bei Grenzwerten für Pestizide in Babynahrung geschieht) die Kleinsten der Kleinen besonders geschützt werden. Befürchtet man die nicht, sind Tests auf MOSH überflüssig. Die Bewertungen und Schlussfolgerungen sind dann eine Irreführung der Verbraucher.

Selbstverständlich haben wir Öko-Test um eine Stellungnahme gebeten, aber keine Antwort erhalten.

Fazit: Dieser Test dient nicht dem Schutz der Gesundheit, sondern sorgt für Schlagzeilen nach dem Motto: Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten für Öko-Test.