Unsere Einschätzung

Unsere Einschätzung: Seit in den USA in den 1930er Jahren die ersten Warentest durchgeführt wurden, ist deren allgemein anerkannter Zweck, Verbraucherinnen und Verbraucher jenseits der Werbung und der Informationen der Hersteller über die Qualität von Waren und Dienstleistungen zu informieren. Besonders über solche Qualitätsmerkmale, die sie nicht selbst erkennen können, bei Lebensmitteln zum Beispiel über die Belastung mit Pestiziden und anderen Schadstoffen. Doch genau das macht Öko-Test nicht. Das Blatt beklagt lediglich die mangelnde Transparenz, anstatt Licht ins Dunkel zu bringen und zu sagen, welche der intransparenten Tarife die Energiewende überdurchschnittlich fördern und welche nicht.

Ganz richtig stellt Öko-Test fest, dass der Strommarkt im Jahr 2022 nicht mehr der gleiche ist wie 2021. Doch etwas ist gleichgeblieben. Wie 2021 ist auch der aktuelle Test voller Fehler und ein Zeugnis von Schlampigkeit, Inkompetenz und/oder Willkür. So bewertet Öko-Test den Tarif Wirklich Ökostrom von Polarstern mit "gut". Begründung: "Leichter Mangel Transparenz: Für das Ökostrom-Produkt liegt ein Grüner-Strom-Label vor, welches einen Aufpreis impliziert. Dessen Verwendung wird jedoch selbst auf Nachfrage nicht erläutert. Zudem ist das Label nicht auf der Webseite verlinkt." Allerdings heißt es an anderer Stelle: "Lediglich befriedigend vergeben wir für die Tarife (..). Sie alle besitzen zwar seriöse Zertifikate, diese sind aber für Verbraucher nicht einsehbar." Auch beim Tarif Wirklich Ökostrom ist das Zertifikat nicht einsehbar, denn es ist nicht auf der Webseite von Polarstern verlinkt. Die Bewertung müsste allein deswegen "befriedigend" sein, nicht "gut". Zudem gibt es einen weiteren Mangel: Die Verwendung des Aufpreises wurde selbst "auf Nachfrage nicht erläutert". Für den Tarif to.Strom.extra 3 mit Öko-Option der Stadtwerke Torgau wurde das als "Gravierender Mangel Transparenz" eingestuft, er wurde deswegen mit "ausreichend" bewertet. Das Testergebnis für den Tarif Wirklich Ökostrom von Polarstern müsste daher bestenfalls "ausreichend", eher sogar "mangelhaft" sein (unsere Auflistung der weiteren Fehler finden Sie im Reiter Testergebnisse und Fehler). Selbstverständlich haben wir Öko-Test um eine Stellungnahme gebeten, aber keine Antwort erhalten.

Der aktuelle Test "ergänzt den Test Ökostrom-Produkte aus dem Öko-Test Magazin 1/2021", so das Blatt. Auch das ist falsch. Formal werden in dem Test zwar die gleichen Kriterien untersucht. Aber da deren Bewertung geändert wurde, handelt es sich faktisch um einen neuen Test. Daher müsste Öko-Test allen Stromanbietern, die mit einem für 5.000 Euro erworbenen Label aus dem Test 2021 werben, die Nutzung untersagen. Das waren immerhin neun der zwölf mit "sehr gut" oder "gut" bewerteten Anbieter. Trotzdem werben von denen immer noch vier mit dem veralteten Label (Stand 1.4.20022). Auch Lichtblick und die Städtischen Werke Kassel, die fälschlicher Weise mit "gut" bewertet worden waren. Dass Öko-Test es sich mit seinen Label-Kunden nicht verderben will und es mit seinen Nutzungsbedingungen nicht so genau nimmt, zeigt auch ein eine einfache Google-Suche. Mit den Suchbegriffen "Öko Test Öko Strom" haben wir Anbieter gefunden, die noch mit längst veralteten Labeln aus den Jahren 2017 und 2018 werben.

Vertrauenswürdig? Bei vielen Anbietern haben wir Werbung mit veralteten Labeln gefunden, die nicht mehr verwendet werden dürfen. Doch offensichtlich unternimmt Öko-Test nichts dagegen. Vermutlich will man es sich nicht mit der zahlungskräftigen Label-Kundschaft verderben.

Fazit: Man kann nur hoffen, dass Stromanbieter oder ihre Verbände oder klageberechtigte Verbraucherschützer (Testwatch gehört nicht dazu) den Test gerichtlich verbieten lassen.

Testergebnisse und Fehler

Testergebnisse und Fehler

Für alle 40 mit "mangelhaft" bewerteten Tarife, deren Abwertungsgründe nicht in einer Anmerkung benannt werden, gilt: Da laut es Bewertungslegende für die Abwertung mehrere Gründe gibt (den genauen Wortlaut finden Sie im gleichnamigen Reiter), entspricht der Test nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Bundesgerichtshof Az.: I ZR 50/07). Demnach müssen Verbraucher eine informierte geschäftliche Entscheidung treffen können. Das heißt, sie müssen sich ein eigenes, gegebenenfalls von dem des Testanbieters abweichendes, Urteil bilden können. Dazu sind sie aber nicht in der Lage, wenn ihnen der konkrete Abwertungsgrund für einen Tarif nicht bekannt ist. Allein deswegen könnte der Test verboten werden. Unsere Einschätzung daher: Gravierender Mangel Transparenz. Wegen der weiteren, im Folgenden aufgeführten Fehler, lautet unser Gesamturteil für den Test: "ungenügend".

Bewertungslegende

Bewertungslegende

Die Bewertung erfolgte anhand der Webseiten der Anbieter/ des Ökostrom-Produkts. Das Gesamturteil "sehr gut" vergeben wir für ein Ökostrom-Produkt mit einem transparent ausgewiesenen Aufpreis auf entweder den Kilowattstundenpreis oder den monatlichen Grundpreis und mit einer transparenten Darstellung auf der Webseite, wie die Aufpreise für den Ausbau der erneuerbaren Energien verwendet werden und hiermit der EE-Ausbau nachvollziehbar gefördert wird, und/oder der Anbieter erzielt eine Ausbauwirkung, indem er Strom aus Anlagen, die in der sonstigen Direktvermarktung sind, die mittels Post-EEG-Lösung weiter produzieren können oder die mittels eines PPA in der BRD neu gebaut wurden, direkt an Nutzende vermarktet.

Das Gesamturteil "gut" vergeben wir a) für ein Ökostrom-Produkt mit einem Aufpreis auf entweder den Kilowattstundenpreis oder den monatlichen Grundpreis, bei dem es leichte Mängel bei der Transparenz und Nachvollziehbarkeit für die Kundschaft gibt oder b) für Ökostrom-Produkte deren Anbieter Strom vermarktet aus Anlagen, die in der sonstigen Direktvermarktung sind, die mittels Post-EEG-Lösung weiter produzieren können oder die mittels eines PPA in der BRD neu gebaut wurden, der Anbieter hat diese aber noch nicht in seinem Portfolio oder seine Aktivitäten sind nicht nachvollziehbar für die Interessierten auf der Webseite dargestellt.

Das Gesamturteil "befriedigend" vergeben wir an a) Ökostrom-Produkte mit Zertifikaten, die Aufpreise implizieren bzw. eine Ausbauwirkung angeben, aber nicht explizit erläutern (z. B. Initiierung und Betrieb von Ok-Power- und Ok-Power+-Label / Renewable plus von Bischoff und Ditze und "Wegbereiter der Energiewende") und zu denen das Publikum nur bedingt Informationen zur Ausbauwirkung auf der Webseite erhält; b) Ökostrom- Produkt mit einem (impliziten) Aufpreis, zu denen das Publikum aber nur unübersichtliche und verwirrende Informationen auf der Webseite erhält.

Das Gesamturteil "ausreichend" vergeben wir an a) Ökostrom-Produkte, deren Anbieter, die eine Ausbauwirkung erzielen, indem sie Strom aus der sonstigen Direktvermarktung, aus Post-EEG-Anlagen oder aus PPA-Anlagen in der BRD direkt an Nutzende vermarkten bzw. an der baldigen Einführung dieser Produkte arbeiten, bei denen die Interessierten auf der Webseite jedoch kaum oder keinerlei Auskunft erhalten; b) Ökostrom-Produkt mit Zertifikaten, die Aufpreise implizieren, aber nicht explizit vorgeben (Initiierung und Betrieb von Ok-Power- und Ok-Power+-Label / Renewable plus von Bischoff und Ditze und "Wegbereiter der Energiewende"), bei denen es aber gravierende Mängel in der Transparenz gibt (hier: Zertifikate nicht aufrufbar, Zertifikate nicht verlinkt etc.); c) Ökostrom-Produkt, die in wenig transparenter Form einen Aufpreis ausweisen, dessen Verwendung jedoch nicht weiter erläutert wird.