Unsere Einschätzung

Unsere Einschätzung: Auf faire-fonds.info können User selbst bestimmen, wie viel Nachhaltigkeit sie wollen. Sie können beispielsweise Fonds herausfiltern, die in Aktien von Kohlefirmen investieren oder in Rüstungsunternehmen. Wer die strengsten Anforderungen will, kann umstrittene Unternehmen ausschließen, die in Umweltzerstörung, Rüstung, Menschenrechtsverletzungen, Korruption, Klimawandel, Finanzdelikte, Arbeitsrechtsverletzungen und verbraucherrelevante, mangelnde Schutz- und Sorgfaltsmaßnahmen, z.B. in Bezug auf Medikamente, Lebensmittel, Pestizide oder Konsumgüter verwickelt sind. Übrig bleiben dann immerhin 299 Fonds (aufgeführt werden sogar 768, aber viele Fonds bestehen aus mehreren Teilfonds zum Beispiel für private und institutionelle Anleger mit unterschiedlichen ISNSs, die daher wie eigenständige Fonds behandelt werden) ohne entsprechende "kontroverse" Unternehmensbeteiligungen.

"Dies weist jedoch nicht unbedingt darauf hin, dass der Fonds tatsächlich unbelastet ist", schränkt faire-fonds.info gleich selbst das Ergebnis ein. Denn in die Bewertung fließen gerade einmal 770 von mutmaßlich mehreren zehntausend kontroversen Unternehmen weltweit ein. Tatsächlich enthalten viele der 299 Fonds Aktien, die der nachhaltige Geldanleger vielleicht nicht darin vermutet. Zum Beispiel der Prima - Globale Werte (ISIN: LU0215933978): Der Fonds, der auch das FNG-Siegel trägt, hält Aktien von Alibaba (dem chinesischen Amazon), der Google-Mutter Alphabet, Amazon und der Roche AG, dem weltgrößten Chemiekonzern. Das sind bekannter Maßen alles keine nachhaltige Perlen.

Ein anderes Problem sind die Aktien der Deutsche Bank und der Commerzbank, die etliche der als unbelastet ausgewiesenen Fonds halten. Dazu schreibt uns Julia Dubslaff von Urgewald: "Die Unternehmen, die Sie gefunden haben, werden von den derzeitigen Quellen nicht erfasst. Sie können sich denken, dass gerade Organisationen wie Facing Finance und Urgewald die Deutsche Bank (so wie andere Investmenthäuser auch) hochproblematisch finden und wir haben schon oft diskutiert, ob wir nicht z.B. die Ergebnisse des Fair Finance Guides einfließen lassen sollten". Das wäre dringend notwendig. Denn dieser Fair Finance Guides hat die Nachhaltigkeit von 16 deutschen und ein paar ausländischen Banken bewertet. Mit nur 35 bzw. 39 von 100 möglichen Prozent liegen die Deutsche Bank und die Commerzbank im ganz schlechten roten Bereich.

Auf ein weiteres Problem sind wir durch die Aktien von Dassault Systemes (ISIN: FR0014003TT8) gestoßen. Wie bewertet man, dass eine Firma selbst zwar keine Rüstungsgeschäfte macht, aber zu einem Rüstungskonzern gehört? Dazu Julia Dubslaff: "Die Dassault Groupe machen wir als Mutterkonzern für die Geschäftsaktivitäten von Dassault Aviation (die Rüstungsgüter wie das Kampfflugzeug Rafaele oder die Tarnkappendrohne Neuron verkauft) mitverantwortlich, nicht aber Dassault Systemes, die sozusagen eine Konzernschwester ist und mit den Exporten von Dassault Systems nichts zu tun hat". Testwatch ist hingegen der Meinung, dass solche Konzernverflechtungen negativ zu Buche schlagen müssen.

Das ist nicht nur für Faire Fonds ein Problem, sondern auch für andere, die sich an der Nachhaltigkeits-Bewertung versuchen. So fallen selbst nach dem Dafürhalten von Faire Fonds 180 der 237 Fonds mit dem FNG-Siegel durch. Bei genauerem Hinsehen - mit einem strengeren Blick - würde die Zahl der wirklich sauberen Fonds vermutlich in den einstelligen Bereich sinken.

Auch die Internetseite eco-reporter.de vergibt ein Siegel für nachhaltige Finanzprodukte. Das Problem: Es wurden gerade einmal 30 ausgezeichnet. Nur drei davon sind Aktien- bzw. Rentenfonds. Der Rest sind Anleihen, Genussrechte und Ähnliches von Klein- und mittelständischen Unternehmen. Das heißt: Das Volumen ist viel zu klein für die Milliarden und Abermilliarden, die nachhaltig angelegt werden sollen - und um wirklich etwas zu bewirken.

Anders als in Deutschland gibt es in Österreich ein staatliches Siegel. Mit dem Österreichischen Umweltzeichen sind Stand Ende Dezember 2021 173 Fonds ausgezeichnet. Zu den Ausschlusskriterien gehören Atomkraft, Rüstung, fossile Brennstoffe und Gentechnik. Doch die und weitere Vorschriften sind keine Garantie für einen sauberen Fonds. Gelabelt ist beispielsweise der UniNachhaltig Aktien Global (ISIN: DE000A0M80G4). Der Fonds hält unter anderem Aktien von BMW, Volkswagen, Alphabet, Amazon, Apple und bis vor kurzem auch noch von Alibaba und BASF.

Bleibt eine vorerst letzte Frage: Wie trennt man die Spreu vom Weizen, wie findet ein Fondsmanagement Unternehmen, die zumindest auf einem nachhaltigen Weg zur Nachhaltigkeit sind? In der Regel übernehmen Rating-Agenturen die Suche. Der Internetseite nachhaltiges-investment.org zufolge sind allein im deutschsprachigen Raum 14 "Research- und Rating-Agenturen bzw. Anbieter im Bereich der sozial-ökologischen Unternehmensbewertung tätig". Das Problem: "Sie kommen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen", sagt Barbara Sternberger-Frey. Denn zum einen gebe es kaum verlässliche Daten zum Beispiel dazu, wie stark ein Unternehmen seine Treibhausgas-Emissionen reduziert hat. Zum anderen legten die Agenturen unterschiedliche Maßstäbe an und bewerteten die Daten unterschiedlich. "Wirklich verlässlich", so Sternberger-Frey, "kann man nur die ganz 'schmutzigen' Unternehmen wie reine Rüstungs-, Kohle-, Öl und Atomkonzerne identifizieren".

Fazit: Die Einschätzung von Faire Fonds kann man wie alle Ratings als Einstieg nutzen. Wer wirklich mit guten Gewissen investieren will, muss sich selbst die Fonds genauer ansehen.