Die Stiftung Warentest hat 15 Schweinesteaks und -koteletts untersucht. Die in der Juli-Ausgabe 2020 veröffentlichte Untersuchung wirft viele Fragen auf.
Einleitung
Achtmal "gut", fünfmal "befriedigend" und zweimal "ausreichend". So lautet das "Test Qualitätsurteil" für das Grillfleisch, das die Stiftung Warentest in Supermärkten und bei Discountern für im günstigsten Fall 5,70 Euro das Kilo gekauft hat. In das Gesamturteil gingen das "sensorische Urteil" - also "Besonderheiten in Aussehen und Geruch im Rohzustand sowie Geruch, Geschmack und Mundgefühl nach der Zubereitung" - zu 40 Prozent ein, die "mikrobiologische Qualität (Krankheitserreger, Verderbniskeime, Hygienekeime, antibiotikaresistente Keime)" und die "chemische Qualität" zu jeweils 20 Prozent, die "Nutzerfreundlichkeit der Verpackung" zu fünf Prozent und die "Deklaration" zu 15 Prozent ein.
Daneben hat die Stiftung Warentest die "Unternehmensverantwortung (CSR) bei Schweinefleisch" untersucht und ein "Test-Urteil CSR Engagement" vergeben. In das gingen das "Tierwohl" zu 35 Prozent, die "Arbeitsbedingungen" zu 20 Prozent sowie "Umweltschutz, Transparenz und CSR-Leitlinien und -Grundsätze" zu jeweils 15 Prozent ein. Das Ergebnis ist wesentlich schlechter als beim Test der Fleischqualität. Zweimal lautet es "gut", einmal "befriedigend", neunmal "ausreichend" und dreimal "mangelhaft". Das Fazit diese Untersuchung: "Die meisten engagieren sich kaum für Tierwohl und Arbeiter."
Unsere Einschätzung
Unsere Einschätzung: Die "Arbeitsbedingungen - Anforderungen im Schlachtbetrieb" seien "ausreichend", urteilt die Stiftung Warentest. Ausreichend heißt: Man kann noch etwas verbessern, muss es aber nicht. Das sehen inzwischen sogar Politiker der CDU anders und kündigen gesetzliche Maßnahmen an. Es passt auch nicht zusammen mit dem, was im Begleittext zum Test zu lesen ist. "Auch lange vor Corona waren die Arbeiter am Fließband gesundheitlichen Risiken ausgesetzt (..) Das hohe Arbeitstempo löst Stress aus, die monotonen Handbewegungen verursachen Schmerzen, nachts im Schlaf kommen die Bilder toter Tiere wieder", heißt es dort.
Zudem wollte die Stiftung Warentest wissen: "Was verdienen die Arbeiter? Sind Überstunden ein Problem?", bekam aber "nur begrenzt Zugang zu Dokumenten". "Überstunden und geringfügige Bezahlung ließen sich im Test so nicht ausschließen", heißt es weiter. Nicht erst seit dem Corona-Ausbruch bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück ist das Problem der Unterbringung der Arbeiter in engen Sammelunterkünften bekannt. Auch die zählt zu den Arbeitsbedingungen, fließt aber nicht im Test in die Bewertung der "Arbeitsbedingungen - Anforderungen im Schlachtbetrieb" ein.
Arbeitsbedingungen "ungenügend" und nicht "ausreichend": So müsste das Urteil nach Einschätzung von Testwatch in vielen Fällen korrekter Weise lauten.
"Ausreichend" sei bei neun Produkten für das "Tierwohl im Schweinemastbetrieb" gesorgt, findet die Stiftung Warentest. Selbst dann, wenn das Fleisch von Tieren stammt, die in der Haltungsform 1 gemästet wurden. Doch der Discounter Lidl, der im April 2018 als erster eine Haltungskennzeichnung einführte, erklärte schon damals: "Das Label ist kein Tierwohllabel". Ehrlicher wäre es tatsächlich, Stufe 1 als Massentierhaltung zu bezeichnen. Denn sie entspricht dem gesetzlichen Mindeststandard, der einem 100 kg schweren Schwein gerade einmal 0,75 m² Platz im Stall gönnt.
"Ungenügend" und nicht "ausreichend", wie die Stiftung Warentest urteilt, ist nach Meinung von Testwatch zumeist für das Tierwohl gesorgt.
Tierwohl „ausreichend“? Das meiste Fleisch im Test der Stiftung stammt von Tieren der Haltungsform 1. Sie entspricht dem gesetzlichen Mindeststandard – und das ist Massentierhaltung.
Richtig problematisch wird der Test, weil die Anbieter mit dem Test Qualitätsurteil "gut" werben dürfen, selbst wenn das Test-Urteil CSR Engagement schlechter ausfällt. Das hat uns die Pressestelle der Stiftung Warentest bestätigt, da "die Tests zu Schweinefleisch zwei verschiedene Tests mit jeweils eigenen Qualitätsurteilen" seien. Doch das ist doppelt problematisch. Zum einen, weil Billigfleisch aus der Massentierhaltung und miesen Arbeitsbedingungen mit einem "gut" der Stiftung Warentest beworben werden darf. Zum anderen im umgekehrten Fall (der in diesem Test nicht vorkommt, aber möglich ist): Das Test Qualitätsurteil könnte "mangelhaft" sein, zum Beispiel weil das Fleisch verdorben und mit antibiotikaresistenten Keimen belastet war. Und das Test-Urteil CSR Engagement lautet "gut". Trotz mangelhafter Fleischqualität könnte auch dieser Hersteller mit einem "gut" der Stiftung Warentest werben.
Test Qualitätsurteil "gut"? Fleisch aus Massentierhaltung, deren Hersteller sich "kaum für Tierwohl und Arbeiter" engagieren, darf mit dem einem "gut" von der Stiftung Warentest beworben werden.
Fazit: Der Test führt Verbraucher in die Irre. Nur zwei Bio-Produkte schneiden in beiden Bereichen "gut" ab. Doch dass Bio-Fleisch das Fleisch der Wahl ist, war auch ohne diesen Test bekannt.