In Zeiten der Corona-Krise boomen auch Online-Apotheken. Doch wie findet man eine wirklich gute?

Einleitung

Wer die beste Online-Apotheke sucht, dem rät stern.de zu DocMorris, dem Marktführer unter den Versandapotheken. Das Deutsche Institut für Servicequalität (Disq) sieht die Bodfeld-Apotheke auf Platz 1, bei testberichte.de ist es 1-apo.de. Für die Zeitschrift Chip ist dagegen volksversand.de Testsieger, für das Magazin Imtest apotal.de. Wem kann und soll man nun glauben?

Unsere Einschätzung

Unsere Einschätzung: Auf keinen Fall sollte man der Seite testberichte.de vertrauen, die nach eigener Einschätzung "Deutschlands Onlineportal Nr. 1 für professionelle Warentests" ist. Doch professionell ist an der Bewertung "gut (1,6)" für 1-apo.de nichts. Nicht nur, weil testberichte.de keine eigenen Tests durchführt, sondern aus Zeitschriften zusammenträgt, wenn es mehrere gibt daraus eine Durchschnittsnote macht und diese dann als Testergebnis von testberichte.de ausgibt. Vor allem ist das Ganze Ausdruck von Stümperhaftigkeit, weil der Note ein Test der österreichischen Zeit Konsument zugrunde liegt, der - Sie lesen es richtig - aus dem Januar 2006 stammt. Das erfährt man erst, wenn man den Link "1 Test" (im Bild unten links) anklickt.

Inaktuell und irreführend: Dem scheinbar aktuellen Testergebnis von testberichte.de liegt ein über 14 Jahre alter Test zugrunde.

Top aktuell, vom 28.4.2020, ist dagegen die "Kaufberatung Online-Apotheken" von Imtest. Trotzdem ist auch hier Vorsicht angeraten. Nicht nur, weil man nicht erfährt, wie sich die Note "sehr gut (1,4)" für den "Imtest Testsieger" apotal.de errechnet. Viel mehr ist es das Problem der Wechselwirkungen bei den bestellten Medikamenten. Dazu schreibt das Imtest: "Wer sich mit Medikamenten nicht auskennt, läuft bei Online-Apotheken Gefahr, falsche Mittel einzunehmen. Denn nicht jeder weiß zum Beispiel, dass sich etwa die Schmerzmittel ASS (Aspirin) und Ibuprofen nicht vertragen. Auf Wechselwirkungen bei gekauften Medikamenten wiesen im Test aber lediglich mycare und docmorris hin." Das "sehr gut" für apotal.de halten wir daher für ein fatales Fehlurteil. Die Stiftung Warentest hat jedenfalls in ihrem nicht mehr aktuellen Test im November 2017 Online-Apotheken unter anderem deswegen bestenfalls mit "befriedigend" bewertet, weil sie "nicht ausreichend auf Wechselwirkungen bei rezeptpflichtigen Medikamenten" hingewiesen haben.

Auch der 2. Platz für mycare.de wirft Fragen auf. Im Begleittext schreibt Imtest nämlich: "Ebenfalls bedenklich: Bei mycare.de ließen sich dutzendweise Schmerzmittel einkaufen. Dabei können Mittel wie Thomapyrin, Aspirin, Dolormin, Diclofenac, Naproxen oder Paracetamol bei dauerhaftem Gebrauch oder bei zu hoher Dosierung der Gesundheit schwer schaden. Zu den Nebenwirkungen zählen Herzprobleme, Nierenversagen, Magenblutungen und Lebervergiftungen." Da fragen wir uns schon, ob eine solche Apotheke die Note "gut (1,5)" wirklich verdient?

Unverständlich: apotal.de weist nicht auf gefährliche Wechselwirkungen zwischen den bestellten Medikamenten hin. Imtest erwähnt das unter "Kontra" nicht einmal, so dass sich Besteller in falscher Sicherheit wiegen können.

Falsche Sicherheit ist auch beim Deutschen Institut für Servicequalität (Disq) ein Problem. Denn in das Gesamtergebnis flossen die Ergebnisse der Teilbereiche Internetanalyse und Preisanalyse mit jeweils 45 Prozent sowie das Ergebnis der Analyse der Bestell- und Zahlungsbedingungen mit zehn Prozent ein. Ob der Testsieger Bodfeld-Apotheke auf mögliche Wechselwirkungen hinweist, ist unklar.

Bei Chip ist die Volksversand Versandapotheke Testsieger. Aber der Test betrifft lediglich die Neukunden-Hotline und die Testkriterien sind unter anderem "Erreichbarkeit, Wartezeit und Menüführung".

Die Tabelle "4 beliebte Online-Apotheken im Vergleich" auf stern.de ist bezeichnender Weise mit "Anzeige" überschrieben (in der Tabelle links oben). Außerdem schreibt der Stern: "Alle Produktlinks sind Affiliate-Links zu ausgewählten Online-Shops, mit denen ggf. Werbeeinnahmen erzielt werden". Es geht also schlicht darum, durch die Weiterleitung von Usern an die Versandapotheken Geld zu verdienen. Daher ist sogar verständlich, dass nicht nachvollziehbar ist, welche Apotheke warum auf welchem Rang landet. Und es spielt auch keine Rolle, dass die User nicht erfahren, welches die günstigste Apotheke ist, obwohl der Stern schreibt: "Online-Apotheken bieten Ihnen zahlreiche Vorteile. Sie bekommen Ihre Arzneimittel direkt nach Hause geliefert und können von exklusiven Rabatten sowie Sonderaktionen profitieren." Denn um seriöse Information der User geht es hier ohnehin nicht.

Online-Apotheken im Vergleich? Das Ergebnis auf stern.de ist weder nachvollziehbar noch in sich stimmig.

Fazit: Wer eine gute Versandapotheke sucht, muss zunächst für sich festlegen, was wichtig ist - z. B. Preise, Service, schnelle Lieferung, Hinweise zu Wechselwirkungen - und dann selbst ausprobieren, welche Online-Apotheke die individuellen Kriterien am besten erfüllt. Die hier dargestellten Einschätzungen der verschiedenen Anbieter helfen jedenfalls nicht weiter.