Sie nennen sich "Konsumgöttinnen" und testen Produkte im Auftrag von Firmen. Doch ihre Tests sind lediglich getarnte Produktwerbung.

Einleitung

"1.000 Testerinnen sind begeistert von unserem Landliebe Laktosefrei Sortiment", freut sich die Molkerei auf ihrer Internetseite. Das stimmt zwar nicht ganz, denn korrekt waren es 98 Prozent, also 980 der 1.000 Testerinnen, die sich "Konsumgöttinnen" nennen. Aber solche Nebensächlichkeiten interessieren offenbar weder Landliebe noch die Konsumgöttinnen, mit deren Label die Molkerei wirbt.

Ihre Begeisterung tun die Göttinnen in "Testberichten" kund. caro12761 zum Beispiel schreibt: "Also nachdem ich das Paket ausgiebig getestet hatte und auch meine restliche Familie super begeistert war von dem natürlichen Milchgeschmack, werde ich ganz sicher weiterhin die laktosefreien Produkte von Landliebe kaufen. Schade finde ich, dass es kein Naturjoghurt im Glas zu kaufen gibt. Dafür schmecken die kleinen Joghurts mit Frucht umso besser, am besten mit Pfirsich Maracuja." In einer "Projektinfo" werden solche "Testberichte" durch weiterführende "Informationen" ergänzt. Die Marke Landliebe sei deshalb so beliebt, heißt es auf konsumgoettinnen.de "weil sie Werte hat, die alle schätzen: Die Basis aller Landliebe Produkte ist der Respekt und die Liebe zu Natur, Mensch und Tier. So kommt Landliebe Landmilch ausschließlich von ausgewählten Bauernhöfen, wo großer Wert auf artgerechte Tierhaltung, Gesundheit und Wohlergehen der Milchkühe gelegt wird. Dazu gehört auch die traditionelle Fütterung ohne Gentechnik."

Unsere Einschätzung

Unsere Einschätzung: Laktosefreie Produkte sind für Menschen, die unter Laktoseintoleranz leiden. Ihnen fehlt das Enzym Laktase, das Milchzucker (Laktose) im Darm aufspaltet. Daher können sie Milchzucker nicht oder nicht vollständig verdauen. Häufig auftretende Folgen sind Bauchkrämpfe, Übelkeit und Durchfall. Betroffen sind in Deutschland ungefähr 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung. Wer Milchzucker verträgt, hat durch laktosefreie Produkte keinen Zusatznutzen. Doch nicht einmal alle Betroffenen müssen Milchzucker vollständig meiden. "Laktosearm genügt häufig", schreibt die Apotheken Umschau.

Die Herstellung laktosefreier Produkte ist recht simpel und nicht teuer. Der Milch wird in der Molkerei etwas Laktase zugegeben, nach ein paar Stunden ist der Milchzucker aufgespalten und die Milch wird auch von laktoseintoleranten Menschen vertragen. Trotzdem sind die Produkte erheblich teurer als herkömmliche Milchprodukte. So kostete bei Rewe am 18.4.2020 ein Liter Landliebe Vollmilch mit 3,8 Prozent Fett 0,80 Euro, laktosefrei war sie mit 1,59 Euro doppelt so teuer. An dieser Stelle kommen die Konsumgöttinnen ins Spiel. Sie empfehlen die teuren Produkte nicht nur Betroffenen. "Schon während des Testzeitraums kauften mehr als 60 Prozent der Testerinnen Landliebe Laktosefrei Produkte nach und sie werden es auch in Zukunft tun. Und nicht nur sie, denn 97 Prozent der Testerinnen empfehlen nun das neue laktosefreie Landliebe Sortiment auch ihren Freunden und Verwandten", heißt es auf konsumgoettinnen.de.

Was Verbraucherinnen und Verbraucher nicht wissen: Es nicht das Anliegen der Konsumgöttinnen, ihnen hilfreiche Ratschläge zu geben. Ziel aller ihrer Aktionen sei es, "neue Produkte und Services bekannt zu machen." Dazu entwickele man "Kampagnen mit dem perfekten Mix aus Influencern, die Ihr Produkt über persönliche Gespräche im privaten Umfeld weiterempfehlen, Rezensionen auf relevanten E-Commerce-Portalen posten, authentischen Social Content erstellen und verbreiten." Mehr als 350 erfolgreiche Kampagnen habe man bereits organisiert, für Landliebe, Tempo und Melitta ebenso wie für Microsoft, Krombacher und Dr. Oetker. Auch für die Formula-Diät Opifast von Nestlé. Sie wird "empfohlen von Konsumgöttinnen". Bei ÖKO-TEST dagegen war der Diät-Drink im Februar 2016 mit "mangelhaft" durchgefallen.

Mehr als 350 Firmen: Was die Konsumgöttinnen „Test“ nennen, dient allein dazu, Produkte ihrer Kunden bekannt zu machen.

Fazit: Viele Firmen verlassen sich offenbar auf die Konsumgöttinnen. Verbraucher sollten das nicht tun. Denn das Ziel der Göttinnen ist nicht Information der Verbraucher, sondern Werbung für die Hersteller.