Die Zeitschrift IMTEST hat zehn E-Bikes getestet. Wird der Test den Ansprüchen gerecht, an denen sich "Deutschlands größtes Verbrauchermagazin" messen lassen muss?
Einleitung
IMTEST ist eigentlich keine Zeitschrift, sondern eine kostenlose Beilage in den Tageszeitungen der Funke Mediengruppe, die monatlich erscheinen soll. Zum ersten Mal lag sie am 3. April der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, dem Hamburger Abendblatt, der Berliner Morgenpost, der Thüringer Allgemeinen und acht weiteren Tageszeitungen mit einer Gesamtauflage von 1,1 Millionen Exemplaren bei. Damit sei IMTEST "Deutschlands größtes Verbrauchermagazin", schreibt der Verlag in einer Pressemitteilung. Auch die dazugehörige Internetseite kleckert nicht, sie klotzt und nennt sich "IMTEST - Das Verbraucherportal für Deutschland".
Neben Tests einzelner Produkte wie dem Smartphone Samsung Galaxy Z Flip, einer Heißluftfritteuse von Philips oder dem Streamingdienst Disney+ findet sich in der ersten Ausgabe ein Vergleichstest von zehn E-Bikes zu Preisen zwischen 1.999 und 4.999 Euro. Sechs davon sind City-/Trekking-Modelle, die vier anderen Räder gehören zu den Crossover-Bikes, die sich auch für Touren abseits befestigter Straßen eignen. Mit Noten zwischen 1,6 und 2,5 erhalten sieben das Gesamturteil "gut". Drei sind „befriedigend“ (Noten zwischen 2,8 und 3,4).
Unsere Einschätzung
Unsere Einschätzung: In das Gesamturteil gingen die Akkureichweite zu 30 Prozent, die Motorunterstützung und die Bremsen zu jeweils 25 Prozent ein. Ermittelt wurden die Ergebnisse für diese drei Parameter auf einem speziellen Prüfstand. Mit je zehn Prozent flossen zudem die Ausstattung und der Fahreindruck in das Gesamturteil ein. Zum Vergleich haben wir uns den letzten Test der Stiftung Warentest angesehen. Er stammt aus dem Jahr 2018 und setzt deutlich andere Schwerpunkte. Bei der Stiftung geht der subjektiv von sechs Männern und zwei Frauen beurteilte Fahreindruck zu 40 Prozent in das Gesamturteil ein. Auch der "Handhabung" (20 Prozent des Gesamturteils) liegen subjektive Einschätzungen zugrunde, unter anderem zum Aufbau und der Verständlichkeit der Gebrauchsanleitung. Dagegen wurden die Ergebnisse für den Bereich "Antrieb" (20 Prozent), darunter fallen vor allem die Akkureichweite und Ladedauer des Akkus, weitgehend im Labor ermittelt. Anders als IMTEST hat die Stiftung Warentest auch Schadstoffe in Griffen und im Sattel gesucht. Die Ergebnisse fanden aber keine Berücksichtigung im Gesamturteil. In das gingen aber noch die "Sicherheit und Haltbarkeit" zu 20 Prozent ein. Neben den Bremsen testete die Stiftung unter anderem die Bruchfestigkeit sowie die elektrische und funktionale Sicherheit.
Damit ist der Test der Stiftung Warentest zwar umfangreicher als der von IMTEST. Doch es stellt sich die Frage, ob die Verständlichkeit der Gebrauchsanleitung für Käufer eines E-Bikes wichtig ist. Ebenso fraglich scheint uns, ob die starke Gewichtung subjektiver Einschätzungen wie der Fahreigenschaften das Informationsinteresse der Kunden widerspiegelt. Oder ob sie nicht eher wissen wollen, was IMTEST auf dem Prüfstand ermittelt hat: Wie gut sind die Bremsen, wie weit kommt man mit einer Akkuladung, wie viel Unterstützung liefert der Motor, besonders bergauf.
Dem Test fehlt allerdings jegliche Erklärung, wie aus den gemessenen Werten Noten werden. So wird die Reichweite des Bergamont E-Horizon Expert 600 Gent mit "befriedigend (3,3)" für eine Reichweite pro Akkuladung von 83,9 km und eine Reichweite bergauf von 25,5 km bewertet. Das Schindelhauer Oskar wird mit "gut (2,5)" wesentlich besser benotet, obwohl die Messwerte schlechter sind. Die Reichweite pro Akkuladung beträgt 82,8 km, die Reichweite bergauf 24,3 km.
Erklärungsbedürftig oder falsch: Das E-Bike mit der geringeren Reichweite bekommt die bessere Note für den Parameter Reichweite. Von IMTEST bekamen wir keine Erklärung.
Unlogisch ist zudem, warum die Note 1,5 ebenso wie Note 2,5 die Bewertung "gut" ergibt. Logisch wäre, entweder für die 1,5 ein "sehr gut" zu vergeben oder für die 2,5 ein "befriedigend". Falsch ist außerdem die Note für das eAdventure 8.9 von Victoria. Laut IMTEST ist es "gut (2,0)", tatsächlich ist die Note jedoch 2,1 (der genaue rechnerische Wert ist 2,14). Noch größere Auswirkungen hat ein Rechenfehler beim Macina Cross LFC von KTM. Es hat die Note "gut (2,5)" bekommen, müsste aber mit "befriedigend (2,6)" bewertet werden (der genaue rechnerische Wert ist 2,59).
Selbstverständlich haben wir beim Verlag nachgefragt. Doch wir bekamen lediglich die nichtssagende Antwort, man habe "die Kriterien und die journalistischen Leitlinien unserer Publikation im Heft selbst veröffentlicht." Kein Wort dazu, dass man den Anspruch nicht einlöst, für "neutrale und nachvollziehbare Bewertungen" zu sorgen. Kein Wort auch zu den Fehlern. Daher mag IMTEST vielleicht das größte (auflagenstärkste) Verbrauchermagazin in Deutschland sein. Doch Größe ist nicht gleichbedeutend mit Seriösität, denn sonst hätte man den Test zurückkgerufen und die Fehler korrigiert.
Finanziert werden sollen die Tests offenbar (auch) durch den Verkauf von "Test-Sieger, Preis-Leistungs-Sieger, Testergebnis- und Öko-Sieger-Siegeln" für 20.000 Euro pro Jahr. Daher ist die Teilung des E-Bike-Tests in die beiden Kategorien Crossover-E-Bikes und City-/Trekking-Pedelecs recht lukrativ. So kommen bei zehn getesteten Rädern je zwei Testsieger und Preis-Leistungs-Sieger zusammen. Label lassen sich außerdem für weitere vier mit "gut" bewertete Bikes verkaufen. Macht mögliche Erlöse von insgesamt 160.000 Euro aus der Labelvermarktung.
Lukrativ: 20.000 Euro pro Label und Jahr will der Funke Verlag von den Herstellern.
Fazit: Prinzipiell kein schlechter Test, aber wegen der Fehler und Unstimmigkeiten völlig wertlos. Zumal man befürchten muss, dass er noch weitere, nur mit Hilfe der Prüfprotokolle zu entdeckende Fehler enthält.