Die Seite hebammen-testen.de will nach eigenen Angaben, "werdenden Mamas und Papas Orientierung im Produktdschungel bieten". Doch können die sich auf die Tests verlassen?

Einleitung

"90% der Hebammen empfehlen tetesept Femi Baby". Das ist das Ergebnis eines Tests der Seite hebammen-testen.de, für den 50 Hebammen Femi Baby sieben Wochen lang getestet haben, "zuhause und unterwegs auf den allgemeinen Gebrauch, die gesamte Handhabung sowie produktspezifische Merkmale. Getestet wurden außerdem die Konzentration der Inhaltsstoffe, Form, Größe, Konsistenz, Verpackung sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis", erläutert hebammen-testen.de. Wobei die Bezeichnung Test ziemlich hoch gegriffen ist. Denn "es findet kein Test nach wissenschaftlichen Methoden statt. Hebammen geben ihre ehrliche Meinung wieder". Hebamme Sarah beispielsweise meint: "Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, einfache Einnahme, wertvolle Inhaltsstoffe". Hebamme Juliane ergänzt: "Sehr gutes Nahrungsergänzungsmittel, gute Verträglichkeit und spitze Preis-Leistungs-Verhältnis".

Unsere Einschätzung

Unsere Einschätzung: Femi Baby ist ein Nahrungsergänzungsmittel, das laut Hersteller "speziell auf Kinderwunsch, Schwangerschaft und Stillzeit abgestimmte Nährstoffe" enthält. Insgesamt sind es 16 verschiedene Vitamine, Mineralstoffe und Omega-3-Fettsäuren. Die meisten davon sind bestenfalls so überflüssig wie das gesamte Produkt. Die Experten des Netzwerks „Gesund ins Leben“, in dem unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, das Bundesinstitut für Risikobewertung, die Nationale Stillkommission und das Forschungsinstitut für Kinderernährung vertreten sind, empfehlen bei Kinderwunsch und in der Schwangerschaft generell lediglich die Einnahme von 400 Mikrogramm Folsäure und 150 Mikrogramm Jod pro Tag. Denn Folsäure vermindert das Risiko von Neuralrohrdefekten wie dem offenen Rücken. Jodmangel erhöht "das Risiko für Fehl-, Totgeburten und Fehlbildungen. Weitere Folgen sind eine vergrößerte Schilddrüse mit Atem- und Schluckbeschwerden, beeinträchtigtes Wachstum und Knochenwachstum sowie beeinträchtigte Hirnreife bzw. verminderte Intelligenz", schreibt „Gesund ins Leben“.

Beide Stoffe sind in Femi Baby enthalten, Folsäure aber in überhöhter Menge von 600 Mikrogramm pro Tagesration. Unter anderem deswegen hatte ÖKO-TEST das Produkt im Mai 2016 mit "ungenügend" bewertet. Neben vielen überflüssigen Zutaten enthält Femi Baby auch problematisches wie Eisen. Das soll laut Hersteller Tetesept "zur normalen Bildung roter Blutkörperchen und dem Sauerstofftransport im Körper" beitragen. Laut „Gesund ins Leben“ gibt es jedoch Hinweise, "dass zusätzliche Eisenaufnahmen bei gut versorgten Schwangeren das Risiko für Frühgeburten und niedriges Geburtsgewicht erhöhen können". Daher werde "in Deutschland keine generelle prophylaktische Eisensupplementierung für Schwangere empfohlen", sondern "sollte nur nach einer ärztlich diagnostizierten Unterversorgung erfolgen".

Fragwürdig ist nicht nur das Siegel. Selbst auf der Seite des Herstellers wird noch mit einem veralteten "Test" aus dem Jahr 2017 geworben. Im Jahr 2019 lag die Empfehlungsquote nur noch bei 90 Prozent. Auf unsere Frage, warum das erlaubt ist und was die Nutzung des Siegels kostet, bekamen wir weder von Tetesept noch von hebammen-testen.de eine Antwort. Update: Am 1.4. schreibt uns der Hersteller lapidar: "Die Testergebnisse inklusive aller dazugehörigen Informationen sind aktualisiert. Die Nutzung des Siegels sowie aller Angaben ist mit hebammen-testen abgestimmt".

Warum all das den 50 testenden Hebammen nicht aufgefallen ist, wissen wir nicht. Wir wissen aber, das hebammen-testen.de kein Testportal für Verbraucher ist, sondern ein Werbemedium für Unternehmen. Die werden aufgefordert: "Profitieren Sie von wertvollem Expertenfeedback und lassen Sie Ihre Produkte mit dem Hebammensiegel auszeichnen". Außerdem gehe "da noch mehr". Unternehmen könnten "die Empfehlungsrate Ihrer Produkte in Social Media" erhöhen und "einen Platz in einer unserer #hebammentesten Boxen" buchen oder "unseren Pool an Influencer-Hebammen für Ihre Kommunikation" nutzen, heißt es auf hebammen-testen.de in Informationen für Unternehmen.

Verantwortet wird die Seite von der Bauchgefühl GmbH, einer "Agentur für Kommunikation und Markenführung". Auf deren Internetseite heißt es: "Die Wurzeln von Bauchgefühl liegen in der PR". Mehr muss man nicht wissen. Bleibt nur die Frage, warum sich 6.000 Hebammen, die angeblich für die Seite arbeiten, für so etwas hergeben?

Fazit: hebammen-testen.de macht keine fachkundigen Tests für Verbraucher, sondern Werbung für Unternehmen.