Pünktlich zu Weihnachten testen die Stiftung Warentest und Vergleichsportale im Internet Spielzeug. Doch nicht mit allen Ratschlägen sind Verbraucher gut beraten.
Stiftung Warentest
Stiftung Warentest
In ihrer Dezember Ausgabe 2019 hat die Stiftung Warentest 23 Akustik-Spielzeuge untersucht. Sie hat in diesem Test kein Gesamturteil vergeben, sondern "Sicherheit und Schadstoffe" in einem Urteil zusammengefasst. Dazu heißt es im Heft: "Das Gruppenurteil Sicherheit und Schadstoffe umfasst den Schutz vor elektrischen, akustischen und durch LEDs verursachten Risiken, vor direkten Gefahren wie verschluckbaren Kleinteilen und Entflammbarkeit, sowie den Schutz vor gesundheitsgefährenden Schadstoffen". Im Ergebnis hat sie Noten zwischen "sehr gut" und "mangelhaft" verteilt und schreibt dazu: "Erstmals in unseren Spielzeugtests bewältigen alle Produkte sämtliche technischen Sicherheitsprüfungen (…) Anders die Testergebnisse im Chemielabor. Dort hat die Stiftung Warentest das Spielzeug auf bis zu 240 Substanzen geprüft. Am häufigsten wies der Test Naphthalin nach, einen polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoff (PAK). Er steht unter Verdacht, Krebs zu erzeugen. Materialproben von vier Figuren enthielten kritische Mengen".
Unsere Einschätzung
Unsere Einschätzung: Ein Spielzeug ist offenbar ohne jeden Mangel und bekommt die Bestnote 1,0 (sehr gut) für "Sicherheit und Schadstoffe". 15 erreichen Noten zwischen 1,6 (gut) und 3,4 (befriedigend), ohne dass es einen Hinweis darauf gibt, wie diese Noten zustande gekommen sind. Das heißt, es wird nicht erklärt, welche Messergebnisse wie in die Bewertung eingeflossen sind, "Mängel" sind in der Tabelle nicht aufgeführt.
Nicht nachvollziehbar: Ohne jede Begründung bekommen Produkte Noten zwischen sehr gut (1,0) und befriedigend (3,4)
Auch beim mit "ausreichend" (3,6) bewerteten Niki Theodor ist unter "Mängel" lediglich ein "hoher Gehalt an PAK im Textil des Reißverschlusses" aufgeführt, ohne dass erkennbar wäre, was die Stiftung unter einem "hohen Gehalt" versteht und warum der mit der Note 3,6 bewertet wird und nicht mit 4,5 wie bei der VTech Plüsch-Katze, bei der ein "hoher Gehalt an Naphthalin in gelb-weißen Plüschohren" festgestellt wurde. Immerhin erfährt der Leser, dass "hoher Gehalt" bei der VTech Plüsch-Katze meint "an der Grenze des GS-Zeichens für Spielzeug". Vier Produkte weisen "sehr hohe Gehalte an Naphthalin" auf. Das heißt "oberhalb an der Grenze des GS-Zeichens für Spielzeug". Sie werden dafür aber ohne erkennbaren Grund unterschiedlich bewertet (Noten 4,6, bis 5,5). Im Reiter Test-/Vergleichsergebnisse dokumentieren wir Ihnen die Ergebnisse der Stiftung Warentest auszugsweise.
Fazit: Dieser Test erfüllt die Anforderungen nicht, die Gerichte an die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Testergebnissen stellen.
Auch den Erläuterungen der Testmethoden fehlt es an Transparenz. So führt die Stiftung auf ihrer Internetseite aus: "Wir führten Fall-, Schlag- und Zugprüfungen durch und untersuchten den Schutz des Spielzeugs vor zu schneller Entflammbarkeit, letzteres in Anlehnung an Din EN 71–2: 2011+A1:2014". Mit welchen Methoden "Fall-, Schlag- und Zugprüfungen" durchgeführt wurden, erfährt der Leser nicht.
Juristisch problematisch sind Tests der Stiftung Warentest zudem wegen der Vermarktung des Labels, das inzwischen bis zu 30.000 Euro für zwei Jahre kostet. Damit kann man unterstellen, dass die Stiftung Warentest so genannte "eigene wirtschaftliche Interessen" an möglichst vielen guten Testergebnissen hat. Denn mit "mangelhaft" labelt kein Hersteller ein Produkt. Damit wäre die Stellung der Stiftung als neutraler Testanbieter in Frage gestellt. Das hat zur Folge, dass Tests verboten werden können, unabhängig davon, ob die Ergebnisse falsch oder richtig sind. Ob die Labelvermarktung die Neutralität in Frage stellt, ist allerdings noch nicht höchstrichterlich geklärt.
vergleich.org
vergleich.org
Die Seite vergleich.org hat im Oktober 2019 (aktualisiert am 23.11.2019) einen "Kuscheltiere Vergleich 2019 – Die 9 besten Plüschtiere im Überblick" veröffentlicht. Zwei davon wurden mit "sehr gut", die restlichen sieben mit "gut" bewertet. "Vergleichssieger" ist der "Steiff 111471 Teddybär Flynn mit Koffer", zum "Preis-Leistungs-Sieger" erklärt vergleich.org den "Schmidt Spiele 42189 - Die Sendung mit der Maus Elefant".
Unsere Einschätzung: In der "Vergleichstabelle" werden verschiedene Parameter wie Kundenwertung bei Amazon, Kuschelfaktor oder Vorteile aufgeführt. Es gibt jedoch nicht einmal eine Andeutung, wie diese Parameter in das Vergleichsergebnis einfließen. Auch wird nicht mitgeteilt, mit welcher Methode zum Beispiel die "sehr hochwertige Verarbeitung" beim Vergleichssieger ermittelt wurde. Daher erfüllt vergleich.org nicht die höchstrichterlichen Anforderungen an die Sachkunde von Tests. Es ist allerdings nicht geklärt, ob vergleich.org unter die Warentest-Rechtsprechung fällt, da die Seite - anderes als in der Vergangenheit - nicht mehr behauptet, zu testen, sondern nur noch vergleicht.
Vergleichssieger? Bei vergleich.org ist völlig unklar, wie und ob die in der Tabelle aufgeführten Parameter das Vergleichsergebnis beeinflussen
Allerdings heißt es in der Vergleichstabelle: "Das Qualitätsmanagement für unser Test- und Vergleichsverfahren ist nach ISO 9001 TÜV-geprüft". Außerdem spricht vergleich.org von "überprüften Produkten" und vergibt ein Label. Die Kosten für die Labelnutzung werden anders als in den Regeln der guten fachlichen Praxis des Testens, die bereits 2014 unter der Federführung des Bundesverbraucherministeriums von Stiftung Warentest, ÖKO-TEST, c’t (Heise) und ADAC erarbeitet wurden, nicht veröffentlicht.
Fazit: Ganz gleich, ob vergleich.org der Warentest-Rechtsprechung unterliegt oder nicht, ist die Aussage, es handele sich um "Die 9 besten Plüschtiere im Überblick" ist durch die "Vergleichstabelle" nicht gedeckt, sondern schlicht Irreführung der Verbraucher.
ExpertenTesten.de
expertentesten.de
Die Seite expertentesten.de hat am 26.10.2019 einen "Spieluhr Test - für die erste Musik des Nachwuchses - Vergleich der besten Spieluhren 2019" veröffentlicht. In ihrer "Spieluhr Bestenliste 2019" führt sie acht Produkte auf. Drei sind mit Noten zwischen 1,06 und 1,39 "sehr gut", vier sind "gut" (Noten 1,65 bis 1,81), eine ist "befriedigend" (Note 2,89).
Unsere Einschätzung: Die Tabelle führt Parameter wie Kundenbewertungen auf Amazon, Material, Musik und Besonderheiten auf. Die Angaben dazu wurden offenbar automatisch von Computerprogrammen ohne Sinn und Verstand zusammengeklaubt. So finden sich beim "Vergleichssieger", dem Esel Emmi von Sterntaler, unter anderem folgende Angaben: Waschbar: k. A. Temperatur: Waschbar bei 40 Grad C. Besonderheiten: Figur ist problemlos waschbar, waschbar.
Als weitere Besonderheit wird aufgeführt, dass der Esel "einsatzbereit" sei. Was immer das heißen mag und warum auch immer das eine Besonderheit sein soll. Wie aus diesem Sammelsurium die Note 1,06 (sehr gut) wird, will expertentesten nicht erklären. Der Grund angeblich: "Unsere exakte, mathematische Notenformel halten wir bewusst geheim. Denn sobald Händler die exakte Berechnung kennen, drohen bspw. Händlerangaben sowie insbesondere Anzahl und Qualität von Produktbewertungen auf bestimmten Shops (Faktoren, die in unsere Note mit einfließen) manipuliert zu werden". Noch dubioser wird die Erklärung, warum wir "die subjektiven Beurteilungen unserer Redakteure in puncto Bewertungskriterien nicht dezidiert veröffentlichen" können. Das sei aus "datenschutzrechtlichen Gründen" nicht möglich.
Noten mit zwei Kommastellen: ExpertenTesten gibt sich seriös, ist es aber nicht.
Fazit: Was erwarten Verbraucher von einem Portal, das sich ExpertenTesten nennt? Dass dort Produkte von Experten getestet werden. Doch auf expertentesten.de sind Dilettanten unterwegs, deren "Tests" und Vergleiche für Verbraucher bestenfalls wertlos sind und sie im schlechtesten Fall täuschen und in die Irre führen.
Weitere Seiten
Weitere Seiten
Im Netz finden sich unzählige weitere Seiten, die vorgeben, Spielzeug zu testen oder zu vergleichen. Spielzeug.org beispielweise veröffentlicht einen "Spielzeug Test bzw. Überblick der besten Modelle 2019". Schon die Formulierung "Test bzw. Überblick" zeigt, dass die Macher wissen, dass sie sich in einer rechtlichen Grauzone bewegen. Einerseits erwecken sie den Eindruck, sie hätten einen Test durchgeführt. Andererseits wollen sie offenbar verhindern, dass sie unter die Warentest-Rechtsprechung fallen, nach der ein solcher "Test" zweifelsohne unzulässig ist.
Affiliate-Programme: Die Weiterleitung der User zu Shops, an der Seiten wie spielzeug.org verdienen, funktioniert nur mit möglichst vielen möglichst guten Produkten.
Auch die Seite babys10.com versucht sich in gleicher Weise mit der Formulierung "Das beste Babyspielzeug im Test & Vergleich 2019" rechtlich abzusichern. Die Seite erscheint auf der ersten Seite der Trefferliste bei der Googlesuche mit den Begriffen "Spielzeug Test". Wie die meisten anderen verlinkt sie die Produkte ihrer Bestenliste "10 Must-haves im Kinderzimmer" mit Amazon (andere Seiten verlinken mit weiteren Shops). Allerdings haben wir keinen Hinweis darauf gefunden, ob babys10.com an der Verlinkung verdient. Solche Affiliate-Programme sind neben der Vermarktung des Labels die zweite Einnahmequelle fast aller Test- und Vergleichsportale (uns bekannte Ausnahmen sind nur die Stiftung Warentest und deren Pendants in anderen Ländern der EU sowie ÖKO-TEST).
10-Must-haves? "Hochwertiges Kleinkindspielzeug – Greifling Anhänger zur Stärkung der Eltern-Kind-Bindung – ab 0 Monate", sind die einzigen Informationen zu Platz 1, die wir auf babys10.com gefunden haben.
Genau wie beim Labelverkauf gilt auch für Affiliate-Programme: Sie funktionieren nur mit möglichst vielen möglichst guten Produkten. Das Oberlandesgericht Dresden hat daher das Portal finanztip.de - Chefredakteur ist Hermann-Josef Tenhagen, der ehemalige Chefredakteur der von der Stiftung Warentest herausgegebenen Zeitschrift Finanztest - dazu verurteilt (Az. 14 U 207/19), Affiliate-Links als kommerzielle Kommunikation, also Werbung, zu kennzeichnen.