Unsere Einschätzung

Unsere Einschätzung: Die meisten Auszeichnungen beruhen allein oder ganz überwiegend auf Verkostungen. Doch über Geschmack kann man trefflich streiten, dem einen schmeckt ein Bier, dem anderen will es nicht durch die Kehle. Auszeichnung hin, Label her. Das Schlenkerla Rauchbier beispielsweise hat eine Menge Preise erhalten, zum Beispiel die Goldmedaille bei den Australian Beer Awards oder die Goldmedaille im World Beer Idol. Doch der Geschmack nach Verbranntem ist arg gewöhnungsbedürftig, wie jeder nachvollziehen kann, der die aus Bamberg stammende Spezialität schon einmal probiert hat.

Dick im Geschäft ist die DLG. 2019 hat sie 95 Brauer mit dem "Preis der Besten" für langjährige Produktqualität geehrt, 2018 hat sie 727 Biere sowie 72 handwerklich gebraute Craft-Biere mit einem goldenen, silbernen oder bronzenen Preis bedacht. Doch an der DLG gibt es immer wieder heftige Kritik. Zuletzt im Jahr 2018. Da gelang es der ZDF-Sendung Frontal 21 der DLG eine gepanschte Wurst unterzuschieben und dafür eine Silbermedaille zu ergattern. "Die Geflügelwurst bestand nur zu neun Prozent aus Fleisch, zu 27 Prozent aus Wasser und zu 46 Prozent aus sogenanntem Separatorenfleisch, das sind Abfälle aus der Fleischproduktion. Außerdem war der Wurst ein handelsübliches Pulver aus Schlachtblutplasma beigemengt, das eine hohe Wasserzugabe kaschiert", so das ZDF. "Warum die gepanschte Wurst nicht auffiel, sondern mit Silber prämiert wurde, konnte die DLG nicht erklären", so der Sender weiter.

Die Auszeichnungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) sind nicht unumstriten.

Der World Beer Award wird von The World Drinks Awards verliehen. Die Gesellschaft zeichnet nicht nur Bier, sondern auch Apfelwein, sowie 14 verschiedene Schnapssorten von Armagnac bis Whiskey und sechs weitere Alkoholika von Champagner bis Sherry aus. Wer keinen Award für den Geschmack bekommt, kann sich auch einen für das Design von Dosen, Flaschen, Multipacks und Etiketten geben lassen. Wie der Geschmack geprüft und bewertet wird, konnten wir der Internetseite von The World Drinks Awards nicht entnehmen. Aufgefallen ist uns jedoch, dass es unter den Juroren zumindest zwei begnadete Trinker geben muss. Eine Irin urteilt nicht nur über Bier. Zusammen mit einem britischen Kollegen oder sogar allein besetzt sie auch die Jurys für Cognac, Armagnac, Calvados, Port, Wermut und Tequila.

Der World Beer Award: Nicht nur für Geschmack, sondern auch für das Design von Dosen und Etiketten

Der European Beer Star ist nach eigener Aussage "einer der bedeutendsten Bierwettbewerbe weltweit". Auf der Internetseite erfährt man noch, dass "ein hochkarätig besetztes und unabhängiges internationales Komitee bekannter und erfahrener Bierexperten, Braumeister, Fachjournalisten und Biersommeliers aus 32 Ländern die Expertenjury bildet". Wobei die meisten der etwa 130 Juroren offenbar Mitarbeiter von Brauereien sind, die sich im Jahr 2018 während einer 2-tägigen Blindverkostung durch 2.344 Biere trinken mussten. Ihr "zentrales Prüfkriterium ist dabei die Sensorik". Ausgezeichnet wurden letztendlich knapp 200 Biere in insgesamt 67 Wettbewerbskategorien wie "German-Style Heller Bock, German-Style Dunkler Bock, German-Style Heller Doppelbock, German-Style Dunkler Doppelbock".

European Beer Star: In der Jury sitzen viele Mitarbeiter von Brauereien

Wer ganz dringend einen Preis braucht, sollte sich an das International Quality Institute in Brüssel wenden und sich um den Monde Selection bewerben. "Mehr als 70 Spezialisten, Chefköche mit Michelinsternen, Mitglieder der französischen kulinarischen Akademie, Brauingenieure, Universitätsprofessoren, Ernährungs- und Gesundheitsberater, Chemiker, berühmte Önologen und Meistersommeliers verleihen jährlich diese begehrten Qualitätsawards", schreibt die Waldhaus-Brauerei. Und die Experten schütten den Preis mit dem Füllhorn aus. Waldhaus hat ihn für elf Biere bekommen hat, insgesamt wurden 2018 2.820 Biere geprüft, 2.584 erhielten den Monde Selection Award.

Monde Selection und andere: Mit einer Vielzahl Preisen, Labeln und Awards werden Biere für ihren Geschmack ausgezeichnet. Für Biertrinker ist die Aussagekraft begrenzt, sie müssen selbst entscheiden, was ihnen schmeckt.

Sie habe es in den "Olymp der Verbraucher und Biergenießer geschafft", freut sich die Familienbrauerei Jacob aus der Oberpfalz. Denn sie habe bei Focus Money / Deutschland Test "Platz 2 von fast 400 Biermarken" erreicht, gehöre damit zu "Deutschlands Besten" und fühle ein wenig ihren Slogan - "das wahrscheinlich beste Weißbier der Welt" - bestätigt. Doch so sehr es der Firma auch zu gönnen ist: Über die Qualität des Bieres sagt die Studie nichts. Es wurden nämlich lediglich Erwähnungen und Meinungen in Online-Nachrichten und in den sozialen Netzwerken ausgewertet. Durch das anschließende, schwer nachvollziehbare und recht eigenwillige Bewertungsverfahren erfährt man nicht einmal, wie gut oder wie schlecht "Deutschlands Beste" nach Meinung der User wirklich sind. Denn die "besten" einer Branche bekommen grundsätzlich 100 Punkte, selbst wenn sie nur die einäugigen Könige unter den Blinden sind. Alle anderen werden dann an der verhältnismäßig besten Firma einer Branche gemessen. Und nach dieser Lesart landet die Familienbrauerei Jacob mit 92,2 Punkten auf dem 2. Platz.

Deutschlands Beste? Das Label von Focus Money / Deutschland Test sagt nichts über die Qualität der Biere.

Fazit: Die Masse an Label gibt kein Orientierung. Ob mir ein Bier schmeckt oder nicht, kann ich selbst beurteilen. Und bei etwa 1.400 Brauereien in Deutschland finden sich immer auch aus der Region stammende Biere, die geschmackliche Vielfalt vermitteln und auch außergewöhnliche Geschmäcker bedienen.