Mit immer mehr Pseudo-Tests und -vergleichen werden Verbraucher getäuscht. Dem will die Verbraucherkommission des Landes Baden-Württemberg jetzt einen Riegel vorschieben.
Einleitung
Anlass für diesen Bericht ist ein Scherz. Nur zum Spaß haben wir in Google "Test Zigarrenschneider" eingegeben - und waren von dem Ergebnis überrascht. Die Suchmaschine fand 21 Tests und Vergleiche dieser nicht gerade als Alltagsprodukte zu bezeichnenden Geräte.
Der erste Treffer war die Seite strawpoll.de, die "11 Zigarrenschneider unserer Wahl im übersichtlichen Vergleich" präsentiert. Als Sieger ("Empfehlung") geht aus dem Vergleich der Perfect Smoke Edelstahl Zigarren-Schneider hervor. Die "Features" dieses Produkte sind: "Edelstahl Zigarren-Schneider von perfectSmoke, Hochwertiger Doppelklingen-Zigarrenschneider Cutter Schere Messer Guillotine, Edelstahl Guillotine als Zigarren-Zubehör, Schlichtes Design, welches gut in der Hand...." Diese Merkmale haben offenbar zum Vergleichsergebnis geführt und zur "Empfehlung" gereicht, denn mehr ist der Vergleichstabelle nicht zu entnehmen.
Links die "Features" des Perfect Smoke Edelstahl Zigarren-Schneider laut strawpoll.de, rechts die Produktbescheibung auf Amazon.
Der letzte Treffer in der Google-Suche ist die Seite welt-buerger-park.de, die einen "Zigarrenschneider Bestseller Test Vergleich" präsentiert. An erster Stelle der Vergleichsliste findet sich der "Angelo-Zigarrenabschneider-Zigarrenschneider schwarz 2 Klingen Rund", der sich durch das Merkmal "Neu" auszeichnet.
Herausragendes Merkmal des erstplatzierten Zigarrenschneiders auf welt-buerger-park.de: "Neu".
Unsere Einschätzung
Unsere Einschätzung: Keine der 21 Seiten, die Google beim Suchbegriff "Test Zigarrenschneider" findet, hat einen aussagekräftigen Test oder Vergleich durchgeführt. Zum Teil weisen sie selbst darauf hin. "Dieser tabellarische Vergleich ist nicht zu verwechseln mit einem Zigarrenschneider Test, bei dem die Zigarrenschneider ausführlich getestet werden", schreibt strawpoll.de. Unklar bleibt allerdings, wie das "Vergleichsergebnis" zustande kommt. Die aufgeführten "Features" der Produkte sind jedenfalls schlicht die Produktbeschreibungen bei Amazon.
Auch ansonsten halten die Seiten ihren Aufwand gering. "Mit Hilfe unserer Zigarrenschneider Vergleichstabelle hast du die Möglichkeit", schreibt welt-buerger-park.de, "die Angebote miteinander zu vergleichen und das für Dich passende Produkt auszuwählen (...) Nun möchten wir Dich aber nicht länger aufhalten und wünschen Dir viel Spaß beim vergleichen der tollen Zigarrenschneider Angebote". Der gleiche Textbaustein findet sich, soweit wir feststellen konnten, auch bei allen anderen Vergleichen.
Ein Textbaustein für, soweit wir festellen konten, alle Vergleiche auf welt-buerger-park.de
Zweck all dieser Seiten ist es offenbar, durch die Weiterleitung von Usern an Amazon oder Ebay Geld zu verdienen. Und da kann es nicht schaden, mehrere Eisen im Feuer zu haben. Laut Impressum verantwortet ein Anton Bernhardt aus Mühlheim gleich drei Seiten, die sich wie eineiige Drillinge gleichen: wahre-superstars.de, schreiberling-berlin.de und fernbusbranche.de. Doch auch Masse macht nicht Klasse: Ein Begründung für die empfohlenen Produkte konnten wir nicht entdecken.
wahre-superstars.de, schreiberling-berlin.de und fernbusbranche.de: Drei Seiten, die sich gleichen wie eineiige Drillinge und vom gleichen Verantwortlichen ins Rennen um User geschickt werden.
Noch deutlicher wird das ganz Ausmaß der Verbrauchertäuschung, wenn man in Google nach "Test Zwiebeltöpfe" sucht. Zu diesem Thema haben wir 45 Seiten gefunden, die Vergleichs- oder Testsieger küren, ohne dass sie aussagekräftige Tests oder Vergleiche durchführen.
Solchem Treiben will die Verbraucherkommission des Landes Baden-Württemberg jetzt ein Ende bereiten. Sie schreibt: "Unter Federführung des Bundesjustizministeriums wurden bereits im Jahr 2014 unter Mitarbeit der vier führenden Testveranstalter in Deutschland (Stiftung Warentest, ÖKO-TEST, ADAC und der Zeitschrift c´t aus dem Heise Verlag) Regeln der guten fachlichen Praxis des Testens erarbeitet und verabschiedet". Doch mehr als vier Jahre nach Verabschiedung der Regeln hat mit Ausnahme der vier Erstunterzeichner keiner der schätzungsweise rund 750 Testveranstalter in Deutschland die Selbstverpflichtung unterzeichnet. Das zeige, dass "der Markt nicht funktioniert, weil die Testveranstalter nicht willens oder in der Lage sind, Regeln zu implementieren, die die Täuschung und Irreführung der Verbraucher verhindern". Daher fordert die Kommission "ein Vertrauenslabel-Gesetz für Tests und Testsiegel".
Fazit: Eigentlich sind unseriöse Tests und Vergleiche schnell zu durchschauen. Besonders die Weiterleitung von Usern an Shops, die gut bewertete oder empfohlene Produkte verkaufen, sollte misstrauisch machen. Trotzdem kann eine gesetzliche Regelung gegen Verbrauchertäuschung nicht schaden.