Computergestützte Geldanlage ist ein boomendes Geschäft. Auch für die Tester der so genannten Robo-Advisor. Doch was taugen ihre Tests?

Einleitung

"Macht Ihr Geld Stress? Unruhige Zeiten machen Ihr Geld nervös. Es braucht Unterstützung, damit es sich langfristig vermehren kann. Doch damit ist jetzt Schluss", verspricht Liqid, die "digitale Vermögensverwaltung mit der Familie Harald Quandt". Liqid, heißt es in Zeitungsanzeige, sei "vielfach ausgezeichnet": von den Zeitschriften Capital und Brand eins, dem Ratingunternehmen Firstfive und der Internetseite robo-Advisor.de. Ihre und weitere Tests haben wir uns genau angesehen, auch wenn Liqid, der Anlass für diesen Bericht, nichts für die meisten Normalsterblichen ist. Denn Quandt ist eine Milliardärsfamilie, die Mindest-Anlagesumme bei Liqid beträgt 100.000 Euro. Doch es gibt auch andere Robo-Advisor, bei denen man mit einem Euro im Monat einsteigen kann.

 

Die Werbung des Robo-Advisors Liqid in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (oben) und auf der Internetseite (unten)

Advisor ist englisch und bedeutet Berater. Doch Robo-Advisor sind keine Beratungs-Roboter, sondern Computerprogramme, die mit ausgeklügelten Algorithmen Geld weitgehend automatisch anlegen. Das soll kostengünstiger und weniger fehleranfällig sein als die Anlage durch Beratungs-Menschen, und letztendlich eine höhere Rendite bringen. Um passende Anlagestrategien vorschlagen zu können, müssen die Robos zunächst einmal die finanzielle Situation abfragen. Denn wer 50.000 Euro Spielgeld hat, kann auch in hochriskante Hedgefonds investieren - mit der Aussicht auf hohe Gewinne. Wer das Geld aber dringend für die Rente braucht, ist auf mehr Sicherheit angewiesen, die zu Lasten der Rendite geht. Doch die Programme müssen nicht nur wissen und vorab erfragen, wie viel Risiko ein Anleger eingehen kann beziehungsweise will. Und nicht ganz unwichtig: Da die Kosten entscheidend für den Anlageerfolg sind – bei hohen Kosten ist kaum hohe Rendite zu erwirtschaften - sollten sie transparent und nicht im Kleingedruckten versteckt sein. Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen haben wir die Auszeichnungen für Liqid und weitere Tests geprüft.

Unsere Einschätzung

Unsere Einschätzung

Die Zeitschrift Brand eins will die Qualität von Liqid überhaupt nicht bewerten. Ihr Label "Innovator des Jahres 2018", das aufgrund einer Umfrage bei "mehr als 25.000 Experten" vergeben wird, sagt lediglich: gute Idee. Mehr nicht. Ob am Ende aus gut gedacht auch gut gemacht wird, steht auf einem anderen Blatt.

Von einer Seite, die sich robo-advisor.de nennt, darf man viel mehr erwarten - und wird enttäuscht. Denn ihr Label, das wird auch nicht verschwiegen, bewertet lediglich den "Kundenservice" anhand von "Service-Anfragen per E-Mail Chat und Telefon".

Nahe an Verbrauchertäuschung ist die Liqid-Werbung mit dem Label "1. Platz" von Firstfive. Denn es bezieht sich auf das Jahr 2017. In der letzten verfügbaren Rankingliste (November 2018) von Firstfive belegt Liqid nur noch Platz vier. Zudem liegen - das zumindest wird deutlich - dem "1. Platz" lediglich auf die Rendite beschränkte Bewertungskriterien zu Grunde. Das gilt auch für das zweite Firstfive-Label.

Was genau der "Gesamtbewertung sehr gut" der Zeitschrift Euro am Sonntag zugrunde liegt, konnten wir nicht in Erfahrung bringen. Viel kann es nicht sein, auch wenn das Deutsche Kundeninstitut DKI, das den Test durchgeführt hat, auf seiner Internetseite schreibt: "Insgesamt wurden 15 Robo-Advisor in rund 440 Kundenkontakten hinsichtlich etwa 240 Einzelkriterien getestet". Diese wurden dann zu drei Kategorien gebündelt: "das Angebot (40% des Gesamtergebnisses), die Konditionen (40 % des Gesamtergebnisses) und der Kundenservice (20 % des Gesamtergebnisses)". Wir verstehen das so, dass damit zum Beispiel auch ein Robo-Advisor "sehr gut" sein kann, der mit einem Misserfolg bei der Geldanlage "glänzt".

Das kann bei der Zeitschrift Capital nicht passieren. In ihre Bewertung geht der Anlageerfolg nämlich mit 40 Prozent ein. 25 Prozent machte die Kategorie "Profilierung" aus. Darunter versteht Capital Fragen nach der Risikoneigung, der finanziellen Situation, der Anlageziele und Vorkenntnisse sowie die Bewertung, ob der Anlagevorschlag zum Kunden passt. Unverständlicher Weise nimmt Capital die Kategorie "Service" mit 35 Prozent am Gesamturteil wesentlich wichtiger. Unverständlich bleibt auch, warum die Kosten bei Capital nicht in das Gesamturteil einfließen.

Fazit: Keiner der Tests und Label, mit denen Liqid wirbt, deckt ein umfassendes Spektrum an Prüfkriterien ab. Wer Informationen sucht, kommt nicht umhin, Informationen zusammenzutragen und für sich selbst zu gewichten.

Nicht ohne Mängel, das gilt auch für den Test der Ausgabe 8/2018 der Zeitschrift Finanztest (Stiftung Warentest). Bei ihr fehlt ausgerechnet die Bewertung des Anlageerfolges, der für Anleger nicht völlig nebensächlich sein dürfte. Begründung: "Dafür sind die Robos noch nicht lange genug am Markt". Doch ausgerechnet Quirion, den Testsieger bei Finanztest, gibt es bereits seit November 2013.

Belanglos ist das Ergebnis der "Studie Robo-Advisor" des Deutschen Instituts für Service-Qualität. In das "Qualitätsurteil" DISQ flossen "Internetauftritt, Information und Einstieg sowie Nutzungserlebnis" ein. Wenn ein Robo-Advisor - das abgebildete Label nutzt(e) die Firma Scalable - dann mit einem "sehr gut" werben darf, ohne das erkennbar ist, welche (nebensächlichen) Kriterien dem zu Grunde legen, ist das nahe an Verbrauchertäuschung.

Das ETF Extra-Magazin ist zwar etwas umfangreicher und bewertet das Angebot, die Kosten, den Service und die Sicherheit. Doch auch hier spielen der Anlageerfolg und andere wichtige Kriterien keine Rolle.

Wie wenig es braucht, um einen Award 2018 von bankingcheck.de zu bekommen (hier für die Firma Visualvest), lesen Sie hier: Bankingcheck

Und was von der Auszeichnung von Deutschland Test / Focus Money (hier für den Robo-Advisor Scalable) zu halten ist, sehen Sie hier: Studie Kundenvertrauen