In über 1.000 Filialen verkauft Aldi Süd Brote und Brezeln von Bäckereien aus der Region. Doch handelt es sich wirklich um echte Regionalprodukte?

Einleitung

"Unsere Zutaten in der Aldi Süd Backwelt: Liebe zum traditionellen Handwerk, kurze Transportwege und der einzigartige Geschmack deiner Region. Genieße die Auswahl deines Lieblingsbäckers", wirbt der Discounter für "regionale" Backwaren in über 1.000 seiner Filialen. Kurze Transportwege haben laut Aldi nicht nur die Brote oder Brezeln selbst, sondern auch deren Zutaten. "Mit regionalem Getreide wird hohe Qualität und gewissenhafte Verarbeitung garantiert", heißt es auf der Internetseite.

Unsere Einschätzung

Für unsere Einschätzung haben wir zunächst Aldi zwei Fragen gestellt. Erstens wollten wir wissen: Ist festgelegt, wie groß die Entfernung zwischen dem Herstellungsort der Backwaren und einer Verkaufsfiliale höchstens sein darf? Antwort Aldi: "Der Umkreis hängt von den logistischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen einer Region sowie dem individuellen Filialnetz der jeweiligen Bäckerei ab." Zum zweiten wollten wir wissen: Ist festgelegt, wie groß die Entfernung zwischen dem Anbauort des Getreides und dem Herstellungsort der Backwaren höchstens sein darf? Antwort Aldi: "Wo immer möglich, beziehen die Bäckereien, mit denen wir zusammenarbeiten, ihr Mehl / Getreide regional. Konkrete Vorgaben machen wir bei Aldi Süd nicht." Diese vagen Auskünfte lassen schon erahnen, dass mit der Werbung "kurze Transportwege" und "regionales Getreide" einiges im Argen liegen könnte. Zumal Aldi weiß nicht einmal, wie lang die Transportwege sind und woher das Getreide stammt.

Wir haben daher fast alle (einige wenige konnten wir nicht eindeutig identifizieren) Bäckereien, die den Discounter beliefern, befragt, wie groß die Entfernung zu den Aldi-Filialen ist und woher das Mehl für die Brote stammt. Von den 47 angeschriebenen haben uns nur 18 geantwortet.

Bevor wir zu deren Antworten kommen, stellt sich die Frage: Was ist überhaupt ein Regionalprodukt? Grundsätzlich gilt: Es darf nur in der Region verkauft werden, wo es hergestellt wurde und auch die Zutaten müssen aus dieser Region stammen. Nur dann sind die gesamten Transportwege kurz und die Wirtschaftskraft bleibt in der Region. Edeka Südwest hatte vor einiger Zeit kurzerhand sein Vertriebsgebiet zu einer Region erklärt. Dem hatte allerdings ein Gericht einen Riegel vorgeschoben, denn das Absatzgebiet von Edeka Südwest ist fast die halbe Bundesrepublik: Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Südhessen und Teile Bayerns. Doch kurze Zeit später erlaubte das vom Bundesverbraucherministerium verantwortete "Regionalfenster", was das Gericht verboten hatte: "Regional" ist danach ein Produkt, wenn die Region, aus der es stammt, "kleiner als die Bundesrepublik Deutschland" ist. Da fragt man sich selbstverständlich, ob ein Verbraucher, der beispielsweise im südlichen Bayern lebt, Kassel in Nordhessen als seine Heimatregion betrachtet.

Laut Öko-Test sollten "die Zutaten nicht mehr als etwa 60 Kilometer vom Verarbeitungsort erzeugt worden sein, und das Produkt sollte auch nur in diesem Umkreis vermarktet werden". Legt man, was wir tun, diese Definition zugrunde, sind es längst nicht alles wirklich regionale Backwaren, was Aldi mit diesem Label verkauft. So beträgt die größte Entfernung zwischen einer Bäckerei und einer Filiale des Discounters 120 Kilometer. Zwischen einer Mühle und einer Bäckerei liegen sogar bis zu 220 Kilometer. Und dabei haben wir noch nicht einmal berücksichtigt, dass eine Mühle ihr Getreide ebenfalls aus einem größeren Umkreis beziehen kann.

Bleibt die "Liebe zum traditionellen Handwerk". Wenn wir den Antworten der Bäckereien glauben, hat Aldi zumindest hier nicht übertrieben. Denn sie verwenden keine fertigen Backmischungen oder Teiglinge, die nur noch aufgebacken werden. Zumindest die 18 Bäckereien, die uns geantwortet haben, stellen den Teig nach eigenen Angaben noch selbst her.

Fazit: Die Regionalität von Aldis Backwaren ist mehr Werbung als Wirklichkeit. Dagegen dürfte die Qualität bei allen Bäckereien, die auf Fertigbackmischungen und Teiglinge verzichten, überdurchschnittlich sein.