Schwarzarbeit, Lohn- und Preisdumping sind ein altbekanntes Problem im Handwerk. Das will die Initiative Faires Handwerk zumindest für die Rhein-Main-Region ändern. Doch kann sie das wirklich?

Einleitung

"Tönnies ist überall", heißt es auf der Internetseite der Initiative Faires Handwerk. Der Fleischkonzern steht seit langem wegen der teils miserablen Arbeitsbedingungen in der Kritik. Auch "auf dem Bau boomen unfaire und illegale Beschäftigungsmodelle: Schwarzarbeit sowie Lohn- und Preisdumping sind an der Tagesordnung. Skrupellose Anbieter umgehen geschickt die gesetzlichen Regelungen und lassen oftmals osteuropäische Arbeiter als Scheinselbstständige für Hungerlöhne arbeiten", schreibt die Initiative in einer Zeitungsanzeige. Ihr Ziel sei, "Lohn-Dumping und Schwarzarbeit zu verhindern, Transparenz und Rechtssicherheit für Kunden zu schaffen sowie Arbeitsplätze zu erhalten".

Damit Auftraggeber solche fair arbeitenden Betriebe erkennen könnten, habe die Maler- und Lackiererinnung Rhein Main 2019 die Initiative ins Leben gerufen. Inzwischen haben sich fünf weitere Innungen angeschlossen. Allerdings sind längst nicht alle Mitgliedsfirmen dieser Innungen auch bei der Initiative Faires Handwerk gelistet. Von den 87 Mitgliedern der Innung Sanitär Heizung Klima Frankfurt sind es beispielsweise gerade einmal zehn.

Unsere Einschätzung

Unsere Einschätzung: Wer sich fairer Handwerker nennen will, muss eine freiwillige Selbstverpflichtungserklärung unterschreiben. Darin heißt es: "Die Handwerkerehre ist eine Form des Ehrenkodex und steht für Zuverlässigkeit, Vertrauen, Qualität, Ausbildungssicherung sowie für Werte wie Fleiß, Beständigkeit, Hingabe und Treue innerhalb der Ausübung eines Handwerks." Jenseits von solchem Pathos wird unter anderem gefordert: "Keine Beschäftigung von (scheinselbständigen) Alleinunternehmern: Sämtliches Personal, das beim Kunden eingesetzt wird, muss sozialversicherungspflichtig angestellt sein. Abgabe von Leistungen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an die tariflichen Sozialkassen. Für die nicht beim Auftragnehmer beschäftigten Personen, d.h. für Leiharbeiter/innen und Nachunternehmer/innen, liegen alle notwendigen Dokumente und Erlaubnisse vor. Einhaltung der geltenden tariflichen Mindeststandards."

Bei Lichte besehen verpflichten sich die Betriebe also lediglich, die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten. Dass als 100 Prozent fair gilt, wer etwas eigentlich Selbstverständliches tut, zeigt nur: Entweder liegt im Handwerk jede Menge im Argen, oder die Anforderungen der Initiative sind nicht besonders hoch. Vermutlich ist es eine Kombination aus beidem, wie ein Blick auf das Geld zeigt. So steht Malergesellen ein tariflicher Mindestlohn von 13,50 pro Stunde zu. Bei der Innung für elektro- und informationstechnische Handwerke Frankfurt, die sich an der Initiative Faires Handwerk beteiligt, sind es ab 1.1.2021 pro Stunde 12,40 Euro. Das ist zwar mehr als der gesetzliche Mindestlohn von 9,50 Euro. Doch kommt man bei einer 40-Stunden-Woche damit auf gerade einmal 2.000 Euro brutto im Monat. Das reicht zumindest in den meisten Städten nicht, um eine Familie zu ernähren. Daher würden wir das nicht als fairen Lohn bezeichnen.

 

 

100% Faires Handwerk? Bis dahin ist es auch beim Label noch ein weiter Weg.

Fazit: Das Label 100% Faires Handwerk schützt sicherlich vor unseriösen Handwerkern und ist damit ein guter erster Schritt. Genauso sicher garantiert es nicht 100 Prozent Fairness. Bis dahin ist noch viel Luft nach oben.