Die meisten User verlassen sich auf Bewertungen anderer Kunden im Internet. Doch darauf haben sich findige und windige Geschäftemacher längst eingestellt.

Einleitung

Wer "Bewertungen kaufen" googlet, dem zeigt die Suchmaschine an erster Stelle eine Anzeige der Seite fivestar-marketing. Sie nennt sich "Marktführer im Bewertungsmanagement". Was damit gemeint ist, beschreibt die Firma auf ihrer Internetseite: "Wir bieten Bewertungen für alle großen Portale an, von Facebook und Google über Amazon und Trustpilot bis zu den Appstores von Apple und Android. Darüber hinaus können wir auch Rezensionen für jedes andere Portal auf individuelle Anfrage realisieren". Für 12,95 bis 22,95 Euro bekommen Online-Shops, Hersteller von Produkten und Anbieter von Dienstleistungen von fivestar "Top-Bewertungen, perfekt zugeschnitten auf ihr Unternehmen". Denn "Studien beweisen es: Bewertungen Ihrer Produkte und Dienstleistungen führen direkt zu mehr Umsatz. Schon eine einzige positive Rezension kann Ihren Absatz um bis zu zehn Prozent steigern".

Im Sinne des eigenen Umsatzes empfiehlt fivestar aber, es nicht bei einer gekauften Bewertung zu belassen. Denn "die Statistik zeigt, dass Produkte mit 50 oder mehr Bewertungen deutlich häufiger im Warenkorb landen, als solche ohne".

Aus dem fivestar-Angebot: Positive Bewertungen auf Amazon, Google ebenso wie auf dem Bewertungsportal Trustpilot

Unsere Einschätzung

Unsere Einschätzung: Das Geschäftsmodell sei "absolut legal", beruhigt fivestar Interessenten und Kunden. Trotzdem muss sich die Firma derzeit (Juni 2019) in München vor Gericht verantworten. Geklagt hat das um seinen Ruf fürchtende Portal Holidaycheck. Dort hatten für fivestar arbeitende Bewerter Super-Sonnen und Top-Beurteilungen für Hotels und Gastwirte verteilt - ohne jemals dort gewesen zu sein, so der Vorwurf. Ihren Sitz hat die Firma übrigens in Belize, einem Kleinstaat in Zentralamerika, offiziell "aus Datenschutzgründen bzw. um unseren Kunden ein Höchstmaß an Diskretion gewährleisten zu können". Wir vermuten dagegen, um für die Justiz in Deutschland schlechter greifbar zu sein.

Fivestar nennt sich zwar Marktführer und ist es vielleicht auch, ist aber gleichzeitig nur einer von vielen im Fake-Geschäft. Die Seite bewertungsdoc.com beispielsweise bietet neben Bewertungen bei Google und Amazon eine positive Beurteilung auf dem Ärzteportal Jameda für 29,00 Euro. Schon ab fünf gekauften Bewertungen gibt es Rabatt, 20 kosten nur noch jeweils 21,45 Euro. Außerdem kümmert sich bewertungsdoc darum, wenn die Fake-Bewertungen auffliegen. "Ab und an wird der Account eines Testers vom jeweiligen Portal gesperrt und dessen Bewertungen gelöscht. Sollte dies passieren liefern wir Ihnen die gelöschte Bewertung nach", verspricht bewertungsdoc.

Kontaktieren kann man die Seite unter anderem über eine Berliner Telefonnummer. Ihren juristischen Sitz hat sie allerdings - warum wohl - auf Malta.

Bewertungsdoc: Gekaufte Bewertungen mit Rabatt, Zufriedenheits- und Geld-zurück-Garantie

Wirklich auf Nummer sicher geht die Seite stardoc.net. Laut Impressum wird sie von einer "Multi Services, Goldson Highway, Südamerika" verantwortet. Sollte sich die Justiz wirklich einmal dafür interessieren, wie stardoc Bewertungen zum Beispiel auf dem Arbeitgeber-Portal Kununu, auf Autoscout oder dem Reiseportal Tripadvisor manipuliert, dürfte schon die Zustellung der Gerichtspost Schwierigkeiten bereiten.

 

Das Impressum von stardoc.net: Wo hängt der Briefkasten der Firma Multi Services, Goldson Highway, Südamerika?

"Arztbewertungen: Wie seriös sind Portale?" Das fragte der Norddeutsche Rundfunk nicht nur wegen der Fake-Bewertungen durch fivestar und Konsorten. "Einige Plattformen stehen in der Kritik", schrieb der NDR, "weil sie Werbe- und Bewertungsplattform zugleich sind. Ärzte können sich sogenannte Premium-Profile auf den Plattformen kaufen und erscheinen dann mit Foto, beruflichen Schwerpunkten und Link zur Internetseite. Außerdem können sie Anzeigen schalten. Verbraucherschützer bezweifeln, dass sich die Portale nicht von den Werbeeinahmen beeinflussen lassen".

Tatsächlich hatte die Wochenzeitung "Die Zeit" festgestellt: "Beim Bewertungsportal Jameda schneiden jene Mediziner besser ab, die für ihr Profil bezahlen. Sonderbarerweise haben zahlende Ärzte so gut wie keine schlechten Noten, und 95 Prozent ihrer Noten sind Einsen". So kamen sie durchschnittlich auf die Note 1,2. Nichtzahler erreichten im Durchschnitt nur die Bewertung von 1,7. Über die Gründe dafür kann man spekulieren, es ist keinesfalls ausgemacht und wird von Jameda bestritten, dass zahlende Kunden bevorzugt werden. Eine andere Möglichkeit, so die Zeitung: "Ärzte, die zahlen, scheinen auch eher ihre Profile zu manipulieren". Eine Möglichkeit: mit Hilfe von fivestar und anderen "Bewertungsmanagern".

Unser Rat

Alle Tipps, manipulierte Bewertungen zu erkennen, wirken ein wenig hilflos oder sind extrem aufwändig und gleichen einem Hase-und-Igel Spiel. So würde es auffallen, wenn ein Unternehmen plötzlich viele gute Bewertungen bekommt. Daher achtet fivestar "darauf, dass nicht zu viele Rezensionen auf einmal ausgespielt werden", sondern stellt "einen natürlichen, organischen Anstieg sicher". Auch stardoc sorgt dafür, dass seine Kunden nicht auffallen. "Sie haben mehrere Bewertungen gebucht?", schreibt die Seite und bietet an: "Diese liefern wir gerne zeitversetzt für Sie aus".

In die Kategorie "extrem aufwändig" fällt der Rat auf der Seite webfeinschliff.de, "Bewertungen bzw. Bewerter" zu analysieren. "Möchte man noch mehr in die Tiefe gehen um den Wahrheitsgehalt von Bewertungen heraus zu finden, so kann man Bewertungen auch auf Überschneidungen prüfen", rät die Seite. "Man pickt sich mehrere Profile mit besonders vielen Rezensionen heraus und versucht sich einen Überblick über die bewerteten Firmen zu schaffen. Bei gekauften Bewertungen kann man oft feststellen, dass 10 exakt gleiche Bewerter bei den gleichen Firmen Bewertungen abgegeben haben. Ein starkes Indiz für gekaufte Google-Bewertungen".

Kaum weniger aufwändig ist der Ratschlag des Norddeutschen Rundfunks, man solle die "Bewertungen eines Arztes auf mehreren Portalen" vergleichen. Würden mehrfach ähnliche Formulierungen verwendet, sei "Vorsicht angebracht".

Am ehesten hilft wohl was webfeinschliff.de unter der Überschrift "Gesunder Menschenverstand" rät. Man solle zum Beispiel darauf achten, ob "die Bewertungen aufwändig und mit vielen Details verfasst" sind. Also ob eine Ferienwohnung nicht nur für die super Ausstattung gelobt wird, sondern für den Fön und den Kosmetikspiegel im Bad, die Mikrowelle in der Küche und die Erstausstattung an Toilettenpapier.

Und der NDR erinnert an die gute alte analoge Zeit. "Fragen Sie bei der Arztsuche Freunde, Verwandte und Arbeitskollegen, die Ihnen ehrlich von ihren Erfahrungen berichten. Haben Sie schon einen Arzt Ihres Vertrauens gefunden, können Sie ihn nach Empfehlungen für andere Ärzte fragen", rät der Sender.

Fazit: Bewertungen im Internet sind grundsätzlich anfällig für Manipulationen. Verbraucher haben kaum eine Chance, diese sicher zu erkennen. Daher können nur die Bewertungsportale selbst und der Gesetzgeber für Ehrlichkeit sorgen.

Update Fivestar

Update Fivestar 18.12.2019

Inzwischen hat das Landgericht München entschieden, dass gekaufte Fake-Bewertungen im Internet rechtswidrig sind. Fivestar muss jetzt dafür sorgen, dass die Fake-Bewertungen gelöscht werden. Außerdem muss die Firma dem Urlaubsportal sagen, von wem die erfundenen Bewertungen stammten. Bei dem Urteil handelt es sich um ein so genanntes Versäumnisurteil, weil kein Vertreter von Fivestar erschienen war, und es dürfte wegen des Firmensitzes in Belize schwierig sein, das Urteil zu vollstrecken. Auch die Reaktion von Fivestar lässt nicht erwarten, dass das Urteil Folgen haben wird. Denn inzwischen bietet die Firma „Nur für kurze Zeit 25 Prozent Rabatt auf alle Bewertungen für das Portal HolidayCheck“.

Fivestar müsste laut Urteil des Landgerichts München Bewertungen löschen, bietet aber jetzt Fake-Bewertungen für HolidayCheck zum reduzierten Preis.