Mit dem Pro Weideland-Label wird Milch von Kühen ausgezeichnet, die auf saftigen Weiden gegrast haben. Zumindest im Prinzip.

Einleitung

Lidl ist voll des Lobes für Pro Weideland. "Unsere Milbona-Produkte aus Weidemilch werden mit Milch von Kühen hergestellt, die in Deutschland auf der Weide stehen. So kommt beispielsweise die Frischmilch aus den schönen Regionen Ammerland, Ostfriesland, Münsterland, dem Erzgebirge und der Sächsischen Schweiz", schreibt der Discounter auf seiner Internetseite. Auch Rewe ist voll des Lobes. "Durch das Label wird insbesondere die Weidehaltung als naturnahe Haltungsform mit ihren positiven Einflüssen auf Umweltschutz, Tierwohl und Biodiversität gefördert", preist die Supermarktkette ihre Rewe Beste Wahl Weidemilch.

Für die Verbraucherinitiative ist Pro Weideland "besonders empfehlenswert". Denn "es handelt sich um ein anspruchsvolles Label, das wesentlich zu ökologischen Verbesserungen bei der Produktion von Milch und Milchprodukten beiträgt", schreibt sie auf ihrer Internetseite label-online.de.

Vergeben wird das Siegel von der Pro Weideland Deutsche Weidecharta GmbH, die von einem bunten Reigen von Firmen und Institutionen getragen wird, die eigentlich mehr trennt als eint: großen Molkereien wie Friesland Campina und Arla auf der einen Seite, dem Naturschutzbund Deutschland, Slow Food und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft auf der anderen und mittendrin das niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.

Die wichtigsten Vergabekriterien sind: "Die Milchkühe müssen an mindestens 120 Tagen im Jahr für mindestens 6 Stunden weiden, pro Milchkuh und Jahr sind mindestens 2.000 Quadratmeter Grünland vorhanden, die Fütterung erfolgt entsprechend dem Standard vom Verband Lebensmittel ohne Gentechnik". Das heißt, es darf als Kraftfutter Soja aus Brasilien, den USA oder Argentinien verfüttert werden. Es darf aber nicht gentechnisch verändert sein.

Unsere Einschätzung

Unsere Einschätzung: Pro Weideland ist ein Schritt in die richtige Richtung. Aber: Ein Jahr hat 8.760 Stunden. Mindestens 720 davon, also nicht einmal zehn Prozent des Jahres, müssen die Kühe auf der Weide sein. Den Rest der Zeit dürfen sie im Stall stehen und Kraftfutter fressen, damit sie möglichst viel Milch geben. Sogar die so genannte Anbindehaltung ist erlaubt, die von der Tierrechtsorganisation Peta als "Tierquälerei" kritisiert wird. Als Ausgleich dafür, dass die Kühe "am Hals fixiert werden, so dass sie sich nicht einmal umdrehen können" (Peta), stehen ihnen dann an 180 statt an 120 Tagen sechs Stunden auf der Weide zu.

Mehr Schein als Sein: Nicht einmal zehn Prozent des Jahres müssen Kühe für die Pro Weideland Milch auf der Weide stehen (Fotos: Lidl, Rewe, Pro Weideland)

Dem irischen Hersteller Kerrygold gehen die Anforderungen von Pro Weideland nicht weit genug. "Laut unseren Wettbewerbern sind 120 Tage auf der Weide genug. Laut irischen Kühen ist das Quatsch", macht sich die Firma auf ihrer Internetseite lustig. "Aufgrund des milden Klimas in Irland verbringen Kühe fast 24 Stunden täglich, 7 Tage pro Woche und bis zu 300 Tage im Jahr auf der Weide und fressen dabei frisches Gras", schreibt Kerrygold und freut sich: "Yiphie, wir sind letzter". Durch "mehr Fokus auf eine gute Ernährung mit artgerechtem Futter und weniger Masse bei der Milchleistung" gäben irische Kühe nur gut 5.200 Liter Milch im Jahr, in Deutschland seien es dagegen fast 7.500, in anderen Ländern müssten "Hochleistungstiere bis zu 10.000 Liter Milch im Jahr produzieren".

Kerrygold-Werbung: Durch artgerechte Tierhaltung haben irische Kühe mit gut 5.200 Litern im Jahr europaweit die geringste Milchleistung.

Wir können nicht kontrollieren, ob das alles so stimmt, wie Kerrygold es schreibt. Aber wir gehen davon aus, dass die Konkurrenz falsche Aussagen längst hätte gerichtlich untersagen lassen. Und wenn es stimmt, ist irische Milch ohne das Pro Weideland-Label viel mehr richtige Weidemilch als deutsche mit dem Siegel. Allerdings schlägt bei irischen Produkten der Transport in der Klimabilanz negativ zu Buche, in der andererseits auch Soja aus Brasilien für deutsche Produkte ein dicker Posten ist.

Fazit: Es ist nicht falsch, Pro Weideland zertifizierte Milch, am besten aus ökologischer Erzeugung zu kaufen. Aber bis zu einer wirklich artgerechten Tierhaltung ist es auch bei Produkten mit dem Pro Weideland Label noch ein weiter Weg.