Einleitung
Eigentlich sollte es schon zum 1. September 2012, also vor mehr als sechs Jahren, so weit sein. Damals wurden die Überwachungsbehörden per Gesetz verpflichtet, "bei hinreichendem Verdacht die Verbraucher unter Namensnennung des Verantwortlichen über Überschreitungen festgelegter Grenzwerte/Höchstgehalte/Höchstmengen bei Lebens- und Futtermitteln sowie alle sonstigen Verstöße gegen Hygienevorschriften oder Vorschriften, die dem Gesundheits- oder Täuschungsschutz dienen, wenn sie in nicht unerheblichem Ausmaß oder wiederholt erfolgen und bei denen ein Bußgeld von mindestens 350 € zu erwarten ist, zu informieren".

Doch die Täuscher und Trickser setzen sich zur Wehr, machten unter anderem verfassungsrechtliche Bedenken geltend und monierten, die Veröffentlichung sei ein Eingriff in die im § 12 Grundgesetz garantierte Berufsfreiheit. Solche Bedenken hat das Bundesverfassungsgericht vom Tisch gewischt, das "Informationsinteresse der Öffentlichkeit" sei vorrangig. Das Gericht forderte lediglich, dass die Verstöße nach einiger Zeit gelöscht werden müssen. Der Deutsche Hotel und Gaststättenverband (DEHOGA) und andere warnen daher mit Entsetzen vor einem Internet- oder Hygienepranger, an den auffällige Unternehmen gestellt würden.
Tatsächlich ist es gewollt, dass Unternehmen von der Pommesbude bis zum internationalen Lebensmittelkonzern wissen: Wer gegen Vorschriften verstößt, bleibt nicht länger anonym. Daneben sollen Journalisten eine verlässliche Grundlage für ihre Berichterstattung über Missstände vor Ort bekommen. Für Verbraucher ist der "Hygiene-Pranger" dagegen – noch – von begrenztem Wert, denn die Veröffentlichungen sind schlicht nicht aktuell genug.
So haben die Nordrhein-Westfälischen Überwachungsbehörden am 16.11.2018 den Fall eines Lebensmittelmarkes veröffentlicht, der "nicht zum Verzehr geeignete Lebensmittel (ekelerregende Herstellungs- oder Behandlungsverfahren)" verkauft hat. Festgestellt – und am gleichen Tag abgestellt – wurde das allerdings bereits mehr als vier Monate vorher, am 13.7.2018.
Die Saarländische Überwachung berichtete am 11.9.2018 über einen Kebap-Stand, der Kebapsoße, Tomaten, Pizzabelag, Fleischspieße und geschnittenen Käse verkauft hatte, "die unter unhygienischen Bedingungen gelagert und zubereitet wurden und somit der Gefahr einer negativen Beeinflussung ausgesetzt waren". Aufgefallen war das bei einer Kontrolle über fünf Monate vorher, am 9.4.2018. Beseitigt waren die Missstände am 23.4.2018.
Obwohl das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, durch das die Behörden zur Veröffentlichung verpflichtet sind, vom 21. März 2018 stammt, hatten bis Mitte November 2018 nur wenige zuständige Stellen Verstöße veröffentlicht. Wir haben daher zunächst die verantwortlichen Bundesländer angeschrieben und nachgefragt, wann sie ihrer Pflicht zur Information der Öffentlichkeit nachkommen werden. Die haben uns teilweise auf die Überwachungsbehörden verwiesen, wodurch hunderte von Ämtern zuständig sind.
Fazit: Für Verbraucher ist die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse - noch - von begrenztem Nutzen. Trotzdem sollten die zuständigen Behörden langsam ihrer Pflicht nachkommen.
Alle uns bekannten Links zu den Veröffentlichungen finden Sie hier, wir werden sie laufend ergänzen (letztes Update Anfang März 2019).
Die Links
Baden-Württemberg
Bayern
Anfang März teilt das
Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit noch immer mit: "Aufgrund aktueller Eilentscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes, wonach an der Verfassungsmäßigkeit und Europarechtskonformität von Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB erhebliche Zweifel bestehen, werden seitens der bayerischen Verwaltung bis zu einer endgültigen Klärung der Rechtslage keine weiteren Veröffentlichungen mehr erfolgen. Hierfür bitten wir um Ihr Verständnis."
Haben wir nicht, die Rechtslage ist längst geklärt.
Berlin
Berlin hat uns mitgeteilt: In Berlin erfolgt die Durchführung der amtlichen Lebensmittelüberwachung durch die Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämter der Bezirke (VetLeb), die auch die Daten erheben und ggfls. Maßnahmen durchführen z.B. Bußgeld erheben. Die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung hat keine Fachaufsicht über die VetLeb und keinen Zugriff auf die bezirklichen Daten. Ob zu den Veröffentlichungen der Bezirke in Zukunft ein zentraler Zugriff geschaltet werden kann, z.B. auf der Internetseite der Senatsverwaltung ein Hinweis auf diese Seiten gesetzt wird, wird zur Zeit geprüft.
Anfang März 2019 dauert die Prüfung offenbar an, Veröffentlichungen haben wir nicht gefunden.
Brandenburg
Brandenburg teilt auf seiner Internetseite Anfang März 2019 immer noch mit: Aufgrund der aufgetretenen rechtlichen Unsicherheiten und ergangenen Gerichtsentscheidungen bei der Auslegung von § 40 Abs. 1a LFGB erfolgen in Brandenburg derzeit keine Veröffentlichungen.
Wir empfehlen: Urteil des Bundesverfassungsgerichts lesen und umsetzen.
Bremen
Bremen teilt auf seiner Internetseite mit: Aufgrund aktueller Entscheidungen von mehreren Verwaltungsgerichten der Länder, wonach an der Verfassungsmäßigkeit von Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB erhebliche Zweifel bestehen, werden seitens der bremischen Verwaltung bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage keine Veröffentlichungen vorgenommen.
Auch Bremen ist zu empfehlen: Urteil des Bundesverfassungsgerichts lesen und umsetzen.
Hamburg
Hamburg teilt auf seiner Internetseite Anfang Dezember 2018 mit: Zur Zeit sind keine Einträge vorhanden. Daran hat sich Anfang März 2019 nichts geändert.
Hessen
Hessen hat uns mitgeteilt: Auf lebensmittelinformationen.hessen.de besteht derzeit nicht mehr die Möglichkeit, Verstöße gegen § 40 Abs. 1 a LFGB auf der ehemals verfügbaren Veröffentlichungsplattform einzustellen. Deshalb sind die zu veröffentlichenden Informationen durch die jeweilige zuständige Behörde bis auf weiteres in eigener Zuständigkeit selbständig in geeigneter Form öffentlich bekannt zu machen. Es wird hier wieder eine gemeinsame Veröffentlichungsplattform angestrebt, auf der die Vollzugsbehörden ihre Ergebnisse einstellen können, weil eine zentrale landesweite Plattform u.a. verbraucherfreundlicher ist.
Anfang März 2019 haben wir allerdings nur eine Veröffentlichung der Stadt Wiesbaden gefunden. Das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz teilte uns am 11.3.2019 auf Nachfrage mit: "Der aktuelle Stand bei der zentralen Veröffentlichungsplattform des Landes ist wie folgt: Die entsprechenden technischen Vorarbeiten laufen bereits, der genaue Startzeitpunkt steht allerdings noch nicht fest".
Seit Mitte April 2019 gibt es in
Hessen die zentrale Plattform.
Mecklenburg-Vorpommern
Mecklenburg-Vorpommern hat uns mitgeteilt: Sobald wir einen Fall haben, wird er dort veröffentlicht – ohne Verzug. Anfang März 2019 haben wir noch keine Veröffentlichung gefunden
Niedersachsen
Niedersachsen hat uns mitgeteilt: Für eine Veröffentlichung ist es notwendig, dass alle in § 40 Abs. 1a LFGB festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind. Zusätzlich müssen vor einer Veröffentlichung Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer gemäß § 40 Abs. 3 LFGB angehört werden. Der Zeitpunkt von Veröffentlichungen ist insbesondere abhängig von Untersuchungszeiten in den Laboratorien sowie den Fristen für Anhörungsverfahren. Darüber hinaus können Gerichtsverfahren im Rahmen des einstwelligen Rechtsschutzes mögliche Veröffentlichungen vorerst verzögern. Daher kann kein konkretes Datum genannt werden, wann mit Veröffentlichungen gerechnet werden kann. Die zuständigen Behörden sind aber im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben tätig.
In einer "aktuellen Information" zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts schreibt Niedersachsen: In Kürze werden die niedersächsischen Behörden die Information der Öffentlichkeit gemäß den Vorgaben des § 40 Abs. 1a LFGB und nach den Maßgaben des BVerfG an dieser Stelle wieder aufnehmen. Anfang März 2019 haben wir jedoch noch keine Einträge gefunden.
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Rheinland-Pfalz hat uns mitgeteilt: Das müssen Sie die für die Veröffentlichungen nach § 40 Abs. 1a LFGB zuständigen Kreis- und Stadtverwaltungen fragen. Unsere Aufgabe als Landesbehörde besteht darin, die Links zu den entsprechenden kommunalen Seiten zu bündeln, um den Zugang zu sämtlichen in Rheinland-Pfalz erfolgten Veröffentlichungen leichter zu gewährleisten. Bisher hat uns noch keine entsprechende Nachricht bzw. kein Link aus einer Kommune erreicht.
Anfang März 2019 gibt es Links und teilweise auch Einträge von folgenden Landkreisen:
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Für
Sachsen-Anhalt sind keine Informationen auffindbar, ob und wann veröffentlicht werden soll. Daran hat sich Anfang März 2019 noch nichts geändert.
Schleswig-Holstein
Thüringen
"Zurzeit keine Informationen" gibt es Mitte April aus
Thüringen