Wo muss Schwarzwälder Schinken geschnitten und verpackt werden? Im Schwarzwald, oder darf es auch zum Beispiel in Oldenburg, im Norden der Republik also, sein? Mit dieser Frage muss sich der Europäische Gerichtshof befassen.

Um den Streit zwischen dem "Schutzverband Schwarzwälder Schinkenhersteller" und einem norddeutschen Fleischwarenproduzenten zu verstehen, muss man wissen, dass es sich bei dem Begriff "Schwarzwälder Schinken" um eine "geschützte geografische Angabe" handelt. Nach den Vergabebedingungen dieses Siegels, dass von der EU vergeben wird, muss mindestens ein Verarbeitungsschritt im Schwarzwald stattfinden. Laut Schutzgemeinschaft bedeutet das: "Schwarzwälder Schinken darf nur im Schwarzwald produziert werden und nur so, wie es der Tradition entspricht: einsalzen und würzen, pökeln, brennen, räuchern und reifen." Mit ihrer Klage will sie erreichen, dass auch das Schneiden und Verpacken des Schinkens vor Ort geschehen muss.

Für Verbraucher ist diese Frage allerdings vollkommen irrelevant. Wirklich wichtig ist: Das Fleisch für den "Schwarzwälder Schinken" muss gar nicht aus dem Schwarzwald stammen, sondern kann auch aus fernen Ländern bezogen werden. Zur Begründung führt die Schutzgemeinschaft aus: "Es gibt kaum Schweine in der Region". Genau für solche Fälle hat die EU, auf Initiative der Industrie, die "geschützte geografische Angabe" erfunden. Damit können sich die Produzenten von der Konkurrenz abheben und ihren "Schwarzwälder Schinken" teurer verkaufen. Und das Geschäft will man sich nicht verderben lassen. Daher die Klage gegen einen nicht einheimischen, norddeutschen Fleischhersteller, über die der Europäische Gerichtshof jetzt entscheiden muss.

Das Verfahren läuft übrigens schon seit 2005. Zunächst hatte das Patentamt in München das Ansinnen des Schutzverbandes abgelehnt. Die Entscheidung kassierte das Bundespatentgericht, dessen Urteil wiederum vom Bundesgerichtshof verworfen wurde.
 
Update Dezember 2018: Der europäische Gerichtshof hat inzwischen entschieden, dass das Schneiden und Verpacken des Schinkens beschränkt werden darf, "wenn es ein erforderliches und verhältnismäßiges Mittel" darstelle, um die Qualität des Erzeugnisses zu wahren. Zum Beispiel, wenn die Gefahr betehe, dass die Qualität durch unsachgemäßen Transport beeinträchtigt werde. Daher ist jetzt wieder das Bundespatentgericht an der Reihe. Es muss entscheiden, ob das Verbot tatsächlich nötig ist, die Schinkenqualität zu sichern.
 
Unsere Meinung: Als ob es nichts Wichtigeres gäbe.

Das EU-Siegel "geschützte geografische Angabe" ist Verbrauchertäuschung. Denn das Fleisch zum Beispiel für "Schwarzwälder Schinken" darf auch aus anderen Ländern stammen: aus Dänemark ebenso wie aus Australien.